Fotodokumente: Nato-Jets fangen Russen über Ostsee ab

Britische Typhoon und russische Su-27 Flanker, Juni 2014
Britische Typhoon und russische Su-27 Flanker, Juni 2014MoD/RAF
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Seit Jahren patrouillieren Nato-Jets über dem Baltikum und treffen immer öfter auf russische Flugzeuge. Spanische "Typhoon"-Piloten veröffentlichten kürzlich interessante Bilder solcher Abfangaktionen.

Von der Nato-Mission "Baltic Air Policing", in deren Rahmen Kampfflugzeuge aus Nato-Ländern seit mittlerweile elf Jahren den Luftraum der kleinen baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen überwachen, sind dieser Tage starke Fotos bekannt geworden: Sie zeigen spanische Eurofighter "Typhoon"-Kampfflugzeuge sozusagen auf Tragflächenfühlung mit russischen Militärflugzeugen - darunter solchen, die man ziemlich selten zu sehen bekommt.

Vorgeschichte: Die Nato betreibt seit 2004, als die baltischen Staaten beitraten, ausgehend vom Luftwaffenstützpunkt Siauliai in Litauen die Luftraumpatrouille "Air Policing Baltikum" oder "Baltic Air Policing". Die Balten haben keine nennenswerten Luftwaffen, sie bestehen nur aus je einer Handvoll Hubschraubern, Kleintransportern, Schul- und Aufklärungsflugzeugen.

Massive Verstärkung ab Frühjahr 2014

Lange waren - jeweils für mehrere Monate - je vier Jets eines einzelnen Nato-Staats dort stationiert. Angesichts der unruhigen Lage in Osteuropa verstärkte das atlantische Bündnis diese Luftpolizei im Frühjahr 2014 drastisch auf vier nationale Schwärme zu in der Regel je vier Jets, also 16 Maschinen. Zudem wurde eine Basis am estnischen Flughafen Ämari bei Tallin eingerichtet, und französische, belgische und niederländische Flugzeuge waren bzw. sind bisher zeitweise auf einem Stützpunkt nahe Danzig in Polen stationiert. Auch in andere Nato-Staaten im Osten, etwa nach Rumänien, wurden seither Jets verlegt.

Seit 1. Mai besteht diese Luftpolizei aus Schwärmen der norwegischen, belgischen, britischen und italienischen Luftwaffe, wobei die Norweger die Führung haben. Norweger und Belgier fliegen mit F-16 "Fighting Falcons", Briten und Italiener mit Typhoons. Zuvor hatten seit Jahresbeginn Italiener, Belgier, Polen (diese mit MiG-29 "Fulcrum") und Spanier (vier Typhoons) Wache geschoben, und dabei gab es offenbar einiges zu tun: Die italienische Luftwaffe, die diesfalls die Führungsrolle hatte und von Siauliai aus operierte, gab an, dass allein ihr Typhoon-Schwarm in diesem Zeitraum 28 Mal eine Alarmrotte (zwei Jets) hochgeschickt habe, um russische Flugzeuge zu beschatten, abzufangen oder zu eskortieren.

Treffen mit "Iwan"

Die nun aufgetauchten Fotos stammen vom spanischen Typhoon-Kontingent des 11. Geschwaders aus dem südspanischen Morón nahe Sevilla und wurden vor Tagen erstmals in der Onlineversion der spanischen Zeitung "ABC" publiziert. Die Spanier (114 Mann Kontingentstärke) waren in Ämeri (Estland) stationiert. Wann und wo exakt die Fotos gemacht wurden, wurde nicht angegeben; es ist allerdings naheliegend, dass sie am 21. März gemacht wurden: An diesem Tag gab das lettische Verteidigungsministerium bekannt, dass zwei russische Suchoi Su-27 "Flanker"-Luftüberlegenheitsjäger, zwei Su-34 "Fullback"-Jagdbomber und zwei Antonow An-26 "Curl"-Transporter identifiziert worden seien.

Und so haben diese Aufeinandertreffen zwischen den westlichen Piloten und den "Iwans", wie es heute immer noch gern unter Militärs heißt, ausgesehen:

Spanische Typhoon (li.) und SU-34
Spanische Typhoon (li.) und SU-34 "Fullback"Spanische Luftwaffe

Hier trifft eine spanische Typhoon auf eine Su-34 "Fullback". Dieser schwere, ziemlich grobschlächtig wirkende Zweisitzer-Jagdbomber war noch in der Endphase der UdSSR entwickelt worden, speziell für hart zuschlagende Luft-Boden-Einsätze tief im feindlichen Hinterland und gegen Seeziele. Er wurde unter anderem wegen der Wirren und der Finanzprobleme im Russland der 1990er-Jahre erst ab 2006 gebaut und noch später in Russlands Luftwaffe eingeführt. Bisher entstanden etwa 65 Stück, aktiv sollen davon 50 bis 55 sein.

Interessenten für den Export sind bzw. waren angeblich etwa Algerien, der Iran und Syrien. Wegen des auffällig gewölbten Vorderteils des Rumpfes (auf dem Bild unten sieht man das besser) nennt man das Flugzeug im Westen auch gern "Schnabeltier" (Platypus). Der "Stachel" am Heck ist ein Werfer für Täuschkörper, also für Ladungen, die wärme- und radargesteuerte Raketen ablenken sollen.

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Spanische Typhoon (li.) und SU-34
Spanische Typhoon (li.) und SU-34 "Fullback"Spanische Luftwaffe

Hier noch ein Bild eines luftigen Zusammentreffens zwischen spanischen Typhoon- und russischen Fullback-Piloten über der Ostsee.

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Spanischer Typhoon und Antonow-Transporter
Spanischer Typhoon und Antonow-TransporterSpanische Luftwaffe

Im Bild oben wird ein Antonow An-26 "Curl"-Transporter eskortiert. Das ist schon ein Klassiker der Luftfahrt, gebaut ab 1969 zu mindestens 1400 Stück. Das robuste Gerät für Kurz- und Mittelstrecken mit Platz für 30 bis 40 Passagiere bzw. 5,5 Tonnen Fracht wurde und wird in vielen Ländern militärisch und zivil genutzt, neben Russland etwa auch in Vietnam, China, Peru, Pakistan, Madagaskar, Polen, Serbien, der Ukraine und in den USA. Antonow ist übrigens ein ukrainischer Luftfahrtkonzern.

"Backfire" auf Überschall

Die meisten Abfangmissionen liefen "entspannt" ab, wie es heisst. Berichte, wonach die Russen "aggressiv" aufträten, wurden unter anderem vorigen Herbst durch Aussagen deutscher Kampfpiloten konterkariert. Spannend aber war heuer der 24. März: An dem Tag stiegen italienische Typhoons sowie "Gripen" der Schweden auf, um sich eine Formation aus zwei Flankers und zwei Tupolew Tu-22M "Backfire"-Bombern im internationalen Luftraum über der Ostsee nahe Lettland näher anzusehen. Die Besonderheit: Eine Backfire verließ die Formation und ging mit Flugrichtung Dänemark auf Überschall, angeblich zum ersten Mal in der Region. Die Italiener mussten ihre Nachbrenner anwerfen, um sie abzufangen, sie gesellte sich zur Formation zurück. Ziel der Russen war die russische Exklave Kaliningrad an der Ostsee zwischen Polen und Litauen.

Bilder von anderen Einsätzen des Baltic Air Policing:

Französische Mirage F-1 und ein Backfire-Bomber
Französische Mirage F-1 und ein Backfire-BomberFranzösische Luftwaffe

Hier fängt eine französische Mirage F-1 einen Backfire-Bomber ab, das war irgendwann zwischen Mai und September 2013. Die überschalltauglichen Backfires wurden in den 1970ern in der UdSSR als Mittelstreckenbomber mit rund 2400 Kilometer Einsatzradius in Dienst gestellt. Sie können Atomwaffen tragen; ihr Hauptzweck im Ernstfall eines 3. Weltkriegs indes wäre es gewesen, über dem Nordatlantik mit Marschflugkörpern und weitreichenden Luft-Luft-Raketen jene Schiffskonvois und Transportflugzeuge anzugreifen, die aus den USA und Kanada Verstärkungen nach Europa gebracht hätten.

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Französische Mirage F-1 und Iljuschin Il-20
Französische Mirage F-1 und Iljuschin Il-20 "Coot"Französische Luftwaffe

Das oben stammt auch von einem Einsatz der Franzosen, am 27. Juni 2013. Eine Mirage F-1 nähert sich vor Lettland einer Iljuschin Il-20 "Coot", das ist ein in den 1970ern in Dienst gestelltes Flugzeug mit einem klaren Auftrag: ELINT, "electronic intelligence", sprich elektronische Aufklärung, ein Spionageflugzeug, simpel gesagt.

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Tschechische
Tschechische "Gripen" und Iljuschin Il-20 "Coot"Tschechische Luftwaffe

Das Bild oben zeigt wieder eine Il-20 "Coot", diesfalls begleitet von einer Saab "Gripen" der 211. taktischen Staffel der tschechischen Luftwaffe. Unsere nördlichen Nachbarn haben sich bisher 2009 und 2012/13 an der baltischen Luftpolizei beteiligt.

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Su-27 Flanker
Su-27 FlankerMoD/RAF

Hier ein sehr schönes Solobild einer Su-27Flanker, gemacht von einer Typhoon der Royal Air Force aus am 17. Juni 2014. Man erkennt gut den Piloten, der sich nach seinem Verfolger umsieht und ihm praktisch in die Kamera schaut.

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Typhoon der Royal Air Force mit Su-27 Flanker
Typhoon der Royal Air Force mit Su-27 Flanker(c) MoD/RAF

Oben noch einmal das Titelfoto der Geschichte: eine Typhoon der RAF und eine Flanker, wieder am 17. Juni 2014. An dem Tag stießen die Typhoons (eine davon wurde von einem französischen Austauschpiloten in der RAF geflogen) unter anderem auch auf Backfires und eine Curl. Die seit Anfang der 1980er-Jahre als Luftüberlegenheitsjäger und in späteren Varianten als Mehrzweckkampfflugzeug gebaute Su-27 bzw. ihre Varianten (etwa Su-30, Su-35) stellten zuletzt (laut World Air Forces 2015 von Flight International) den relativ größten Anteil der russischen Luftwaffe und Marineluftwaffe mit zusammen etwa 330 bis 350 aktiven Flugzeugen. Die Flanker ließ sich auch sehr gut exportieren, etwa nach China, Indien, Vietnam, Malaysia, Venezuela, Äthiopien, Algerien, Angola und Kasachstan.

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Hier noch ein Video vom 8. Dezember 2014: Es zeigt zwei russische Fullbacks, gefilmt vom Piloten einer niederländischen F-16. Es ist einiges los über der Ostsee.

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