Sanktionen: Nadelstiche aus Moskau

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Russland stört die Stromvernetzung der EU, will in der UNO die Versenkung von Schlepperbooten verhindern und lässt an der finnischen Grenze die Säbel rasseln.

Brüssel/Wien. Russland reagiert auf die nach wie vor bestehenden EU-Sanktionen mit Nadelstichen an der diplomatischen und militärischen Front. Gut abgewogen schrammen die Aktionen gerade noch an einer Eskalation vorbei. Aber sie schmerzen einzelne Mitgliedstaaten und das Krisenmanagement der EU. Anfang der Woche etwa hat die schwedische Regierung offiziell in Moskau um Aufklärung gebeten, warum russische Kriegsschiffe mehrfach die Verlegung einer Stromverbindung zwischen Schweden und Litauen stören.

Bereits vier Mal sollen russische Schiffe die Verlegung des 400 Kilometer langen Nordbalt-Kabels, das von der EU für eine bessere Vernetzung der Mitgliedstaaten finanziell unterstützt wird, verhindert haben. Litauens Außenministerium bestellte daraufhin den russischen Botschafter ein. Moskau argumentierte, dass es lediglich um den „Schutz einer militärischen Übungszone“ gegangen sei. Freilich haben russische Behörden die litauische Regierung nie über solche Aktivitäten vor der Küste informiert oder gar um Erlaubnis gefragt. Laut dem litauischen Außenminister, Linas Linkevičius, wurden Begleitschiffe für die Kabelverlegung durch russische Kriegsschiffe zu einer Kursänderung gezwungen. Schwedens Außenministerin, Margot Wallström, bezeichnete den Zwischenfall als „inakzeptabel“.

Kein UN-Mandat für EU-Aktion

Nicht weniger brisant ist das angekündigte Veto Russlands gegen die Zerstörung von Booten, die von Schleppern für den Transport von Flüchtlingen über das Mittelmeer genutzt werden. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben bei ihrem letzten Gipfeltreffen in Brüssel Aktionen gegen Schlepperbanden beschlossen, darunter auch die Versenkung von Booten. Für eine solche völkerrechtlich nicht gedeckte Operation ist laut Experten ein UN-Mandat notwendig. Der russische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Vladimir Chizhov, hat angekündigt, einer derartigen Vorgangsweise die Zustimmung zu verweigern. Er argumentierte, dass ein polizeiliches Vorgehen gegen Schlepper eine Sache sei. Die Zerstörung der Boote gehe aber zu weit. Chizhov reagierte laut „Financial Times“ damit auf einen Vorstoß der EU-Außenbeauftragten, Federica Mogherini, die in New York bei den UN-Vetomächten vorgefühlt hatte, ob für sie eine Legitimierung der EU-Aktionen möglich wäre. Schon wird in Brüssel befürchtet, dass sich Moskau auch bei den weiteren Atomverhandlungen mit Teheran, die nächste Woche in Wien fortgesetzt werden, querlegen könnte.

Finnland ist indessen über russische Militäraktionen irritiert. In den vergangenen Monaten haben russische Flugzeuge wiederholt den finnischen Luftraum verletzt. Am vergangenen Dienstag ortete die finnische Marine zudem in den Gewässern vor der Hauptstadt Helsinki ein U-Boot und feuerte Warnschüsse ab. Es wird vermutet, dass es sich um ein russisches Boot gehandelt hat. (ag./wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2015)

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