Osteuropäische Präsidenten warnen vor Putin

POLAND WWII VICTORY IN EUROPE 70TH ANNIVERSARY
POLAND WWII VICTORY IN EUROPE 70TH ANNIVERSARY(c) APA/EPA/PIOTR WITTMAN
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Weltkriegsgedenken in Polen. Staatspräsident Komorowski lud am Freitag zu einer Feier in die polnische Hafenstadt Danzig. Es war die Gegenveranstaltung zur Militärparade in Moskau am heutigen Samstag.

Warschau/Danzig. Bis zuletzt warteten die Polen auf Frankreichs Präsidenten, François Hollande. Doch kein westeuropäischer Spitzenpolitiker wagte sich in der Nacht auf Freitag nach Danzig. Nur der Staatspräsident Zyperns, Nikos Anastasiadis, war der polnischen Einladung nachgekommen, das Ende des Zweiten Weltkriegs statt am 9. Mai in Moskau einen Tag zuvor in Danzig zu feiern. Polens Staatspräsident, Bronisław Komorowski, hatte diese Idee Ende Jänner am 70.Jahrestag der Befreiung des deutschen KZs Auschwitz lanciert und damit sofort heftigen Protest aus Russland geerntet. Polen versuche, „die Geschichte zu retuschieren“ und „den russischen Beitrag zum Sieg anzuzweifeln“, protestierte der Kreml.

So waren am Freitag auf der Danziger Westerplatte, wo am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg mit dem Angriff der Deutschen begonnen hatte, acht osteuropäische Staatschefs praktisch unter sich. Paris hatte am Ende den Verteidigungsminister nach Danzig geschickt, aus Berlin reiste Alt-Bundespräsident Horst Köhler an. Angesichts der Ukraine-Krise will niemand Putin zusätzlich provozieren. Es erfülle ihn allerdings mit Genugtuung, dass die europäischen Staatsführer der samstäglichen Militärparade in Moskau fernblieben, betonte in Danzig der ukrainische Präsident, Petro Poroschenko. Seine Anreise war symbolisch, ebenso wie die Teilnahme des Tschechen Miloš Zeman, der sich zuerst für die Moskauer Feier angemeldet hatte, jetzt zwar nach Moskau reist – auf Intervention der USA dort aber nicht an der Parade teilnimmt.

Zeman ermahnte die EU am Donnerstagabend in einer Diskussionsrunde der Präsidenten über die Zukunft Europas im Europäischen Solidarność-Zentrum zur Geschlossenheit angesichts der Bedrohung durch den Islamischen Staat (IS), dessen Ideologie er mit jener der Nationalsozialisten verglich. Gastgeber Komorowski, der die Diskussion moderierte, betonte vor allem die Kehrseite des sowjetischen Sieges über Hitler-Deutschland vor 70 Jahren für jene Länder, die sich „auf der falschen Seite des Eisernen Vorhangs“ wiederfanden. „Nicht allen hat das Ende des Krieges die Freiheit gegeben“, erinnerte er auch während der Gedenkfeier auf der Danzig vorgelagerten Halbinsel Westerplatte.

„So etwas gab es seit 1939 nicht mehr“

Wie bereits im Herbst 2014, zum 75. Jahrestag des Kriegsbeginns, zogen die osteuropäischen Staatspräsidenten auf der Westerplatte Parallelen zwischen Hitlers und Putins Politik. „Heute stehen wir vor genau denselben Gefahren, wie vor dem Zweiten Weltkrieg“, mahnte Dalia Grybauskaitė, die Staatspräsidentin Litauens, mit Blick auf die Ukraine-Krise. So etwas wie die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim habe es seit 1939 nicht mehr gegeben, unterstrich Komorowski. „Es kann keine Akzeptanz für solche Methoden geben“, sagte der Pole.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2015)

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