Gipfel: König, Sultan, Emir brüskieren Obama

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US-Präsident Obama lud Herrscher der sechs Golfstaaten zum Gipfel nach Camp David ein, doch nur zwei kommen. Die Potentaten Saudiarabiens, Omans, Bahrains und der Emirate sagen ab.

Kairo. Die sunnitischen Monarchen am Golf sind aufgebracht und verunsichert. Mehr als drei Jahrzehnte waren die Koordinaten ihres regionalen Machtsystems fest gefügt. Den Arabischen Frühling schmetterten die gekrönten Häupter mit großzügigen Geldgeschenken, Polizeirazzien und harten Anti-Terror-Gesetzen ab. Ihr schiitischer Gegenspieler, der Iran, war diplomatisch kaltgestellt durch ein globales Sanktionsregime. Seit den Atomgesprächen in Lausanne jedoch geht in den feudalen Ölpalästen die Angst um.

Teheran steht vor einem internationalen Comeback. Ende Juni könnte die Islamische Republik mit der 5-plus-1-Gruppe der UN-Vetomächte und Deutschland ein historisches Atomabkommen schließen, das die Isolierung beendet, blockierte Ölmilliarden freigibt und dem schiitischen Gottesstaat einen fulminanten Wirtschaftsboom bescheren dürfte.

Die arabische Welt dagegen erlebt einen Zusammenbruch ihrer bisherigen Ordnung. Das „Kalifat“ der IS-Terrormiliz bedroht die Stabilität von einem halben Dutzend Staaten. Al-Qaida im Jemen ist stärker als je zuvor, ihre al-Nusra-Front-Filiale in Syrien auf dem Vormarsch. Zehntausende arabische „Gotteskrieger“ tummeln sich in dem Bürgerkrieg.

Hat Salman Alzheimer?

Und so lud US-Präsident Barack Obama die Herrscher der sechs Golfstaaten für Mittwoch und Donnerstag zu einem Gipfel ins Weiße Haus und nach Camp David ein, um „Wege zu diskutieren, die Sicherheitskooperation zu vertiefen und die zahlreichen Konflikte zu lösen, die so viel Leid und Instabilität im Nahen Osten verursachen“, wie er formulierte.

Doch vier der Gästesessel werden leer bleiben. Anreisen wollen nur die Emire von Katar und Kuwait. Zuletzt sagte auch noch der saudische König Salman ab, den Obamas Sprecher am Freitag noch zu einem Vier-Augen-Gespräch mit dem Präsidenten angekündigt hatte. Der 79-Jährige soll an beginnendem Alzheimer leiden, was Riad stets dementiert. Omans Sultan ist todkrank, der Emir der Vereinigten Arabischen Emirate wurde seit seinem Schlaganfall vor anderthalb Jahren nicht mehr öffentlich gesehen. Und Bahrains bedrängter Kleinkönig hat offenbar kein Verlangen, die weite Reise über den Atlantik anzutreten.

Und so zeigt diese Brüskierung der USA nicht nur, wie tief die arabischen Golfstaaten über das absehbare Iran-Abkommen und die zögerliche Syrien-Politik des Weißen Hauses verstimmt sind. Der Rumpfgipfel von Camp David demonstriert auch, in welch fragilem Zustand sich die Führungsspitze der Golfregion befindet.

Für die arabischen Potentaten steht das Hegemoniestreben des Iran in Syrien, im Libanon, im Irak und jetzt auch im Jemen ganz oben auf ihrer Sorgenliste. Und so geht es den Mächtigen am Golf in Camp David vor allem um Waffenzusagen und US-Sicherheitsgarantien. Obama will den zahlungskräftigen Arabern einen Abwehrschirm gegen iranischen Raketenbeschuss anbieten, aber keinen schriftlichen Beistandspakt gegen Teheran. Auch die Militärbasen der US-Streitkräfte in Katar und Bahrain könnten verstärkt werden, die Zahl der gemeinsamen Manöver erhöht.

Obama warnt vor Unruhen

Darüber hinaus jedoch will das Weiße Haus den nervösen Golfpartnern klarmachen, dass sie nicht nur militärisch, sondern auch politisch mehr für ihre Sicherheit tun müssen. Die schiitische Bevölkerung in Bahrain wird seit vier Jahren mit aller Gewalt unterdrückt, die Klagen der schiitischen Minderheit im Osten Saudiarabiens stoßen in der Hauptstadt auf taube Ohren. Und der Konflikt mit den Houthis im Jemen wäre nicht so eskaliert, wenn der von Riad protegierte Präsident Abed Rabbo Mansour Hadi mehr auf die Anliegen der vernachlässigten Minderheit eingegangen wäre.

Entsprechend verärgert reagierten die Golfeliten auf ein Interview Obamas in der „New York Times“. Er sagte: „Ich glaube nicht, dass ihre größte Bedrohung eine Invasion des Iran sein wird“, erklärte Obama. „Ihre größte Bedrohung ist die Unzufriedenheit im Inneren ihrer eigenen Länder.“

AUF EINEN BLICK

Gipfeltreffen in den USA. US-Präsident Barack Obama hat für kommenden Mittwoch und Donnerstag die Herrscher der arabischen Golfmonarchien zu einem Treffen ins Weiße Haus und seinen Sommersitz Camp David eingeladen. Die Potentaten Saudiarabiens, des Oman, Bahrains und der Vereinigten Arabischen Emirate sagten jedoch ab. Nur die Emire von Kuwait und Katar wollen kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2015)

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