Pakistan: Erneut Terror gegen Schiiten

(c) APA/EPA/REHAN KHAN
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In Karachi eröffneten Sympathisanten des IS das Feuer auf Angehörige einer schiitischen Minderheit. Zahl der Anschläge hat zuletzt zugenommen.

Bangkok/Karachi. In Pakistans Finanzmetropole Karachi sind am Donnerstag die Opfer des schweren Anschlags auf Mitglieder einer schiitischen Gruppe am Tag zuvor beigesetzt worden. Mehrere schwer bewaffnete Angreifer hatten am Mittwoch einen Bus, in dem rund 60 Ismailiten saßen, gestürmt und das Feuer eröffnet. 45Menschen starben bei dem Anschlag sofort, zwei weitere erlagen ihren Verletzungen. Die Flaggen an offiziellen Gebäuden hingen gestern auf Halbmast.

Jundullah, eine militante sunnitische Gruppe aus dem Umfeld der Pakistanischen Taliban, die vorgibt, Verbindungen zum Islamischen Staat (IS) zu haben, bekannte sich zu den Morden. Diese seien erfolgt, da es sich bei den Getöteten um „Ungläubige“ gehandelt habe. Auch die militante Dachorganisation Tehrik-i-Taliban Pakistan (TTP, Pakistanische Taliban) bekannte sich zu dem Massaker.

Ersten Ermittlungen zufolge waren sechs Angreifer an dem Anschlag beteiligt. Drei Bewaffnete seien in das Innere des Busses eingedrungen und hätten dort mit Pistolen und Maschinengewehren um sich geschossen, erklärte ein Polizeisprecher. Drei weitere hätten vor dem Bus gewartet. Alle Angreifer konnten unerkannt entkommen. Pakistans Armeechef, Raheel Sharif, sagte eine Reise nach Sri Lanka ab und übernahm die Leitung bei den Ermittlungen.

Duldung radikaler Kräfte

Teile von Pakistans Sicherheitsapparat haben nach der Islamischen Revolution im benachbarten Iran im Jahr 1979 den Aufbau radikaler antischiitischer Gruppen unterstützt oder zumindest geduldet. Pakistans Establishment war offenbar in Sorge, dass es auch in Pakistan – das bis heute extrem feudalistisch ist – ähnliche Entwicklungen wie im Iran geben könnte. Geschätzt rund ein Fünftel der Bevölkerung des Landes bekennt sich zum schiitischen Islam.

Einige der radikalen antischiitischen Gruppen beließen es nicht bei antischiitischen Agitationen, die der pakistanische Staat anfänglich sogar sichtbar unterstützt hatte: Ende der 1980er-Jahre radikalisierten sie sich und begannen eine Mordkampagne, der bis heute tausende von Schiiten zum Opfer gefallen sind. Seit dieser Zeit sind bei Terrorattacken und Vergeltungsschlägen geschätzt 4000 Menschen ums Leben gekommen. Die Zahl dieser Attacken hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Der Anschlag vom Mittwoch war bereits der dritte schwere Terrorakt gegen Schiiten in diesem Jahr.

IS-Vizekommandant getötet?

Im Irak erklärte unterdessen das Verteidigungsministerium, dass der IS-Vizemilitärchef, Abu Alaa al-Afarion, durch einen Luftschlag der Anti-IS-Allianz im Norden des Landes getötet worden sei. Die US-Streitkräfte stritten hingegen eine Beteiligung an der Attacke ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2015)

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