Spanien: Protest gegen Rajoys „Propaganda-TV“

Mariano Rajoy
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Journalisten des öffentlichen Senders TVE beklagen „Manipulation“ und „Einflussnahme“ durch die Regierung und fordern Hilfe des EU-Parlaments.

Madrid. Die Redaktionen des öffentlichen spanischen TV schlagen Alarm: Beklagt wird die „regierungsfreundliche Manipulation“ der Nachrichtenprogramme des staatlichen Fernsehsenders TVE – sogar um den Beistand des EU-Parlaments haben die Journalisten gebeten. Das einst so angesehene Rundfunkhaus habe sich in ein „Propaganda-Instrument im Dienst der Regierung“ verwandelt.

Die TVE-Chefetagen seien in den vergangenen Jahren systematisch „gesäubert“ und mit politischen Günstlingen der seit Ende 2011 regierenden konservativen Regierung besetzt worden. Moderatoren und Redakteure der Nachrichten- und Magazinprogramme seien reihenweise in die Wüste geschickt worden, weil sie nicht auf der richtigen Linie waren. Eine Amigo-Seilschaft sorge nun dafür, dass „die geltenden ethischen Normen nicht eingehalten werden“, heißt es in einem Protestbrief des TVE-Redaktionsrats.

Harter Schlag im Wahljahr

Rund 1500 TVE-Mitarbeiter unterschrieben bereits vor einigen Monaten eine Resolution, die sie dem spanischen Parlament übergaben. Darin haben sie festgestellt, dass „Manipulationen und Zensur die Glaubwürdigkeit des TVE zerstört haben“. Vorwürfe, die viele Spanier an die dunklen Zeiten der Franco-Diktatur erinnern. Und all das im Superwahljahr, in dem der konservative Premier, Mariano Rajoy, um seinen Posten fürchten muss.

Das Publikum wendet sich jedenfalls vom einst so angesehenen TV-Sender ab. TVE, der jahrzehntelang der beliebteste Sender des Königreichs war, muss sich inzwischen mit einem mickrigen Marktanteil von knapp zehn Prozent zufriedengeben. Die Nase vorn haben neuerdings die beiden privaten Sender Telecinco und Antena 3 mit Zuschauerquoten von jeweils fünfzehn und vierzehn Prozent.

Der Sender wird nicht über Rundfunkgebühren finanziert. Für TVE zahlt der Staat – hinzu kommt eine Zwangsabgabe, die private Sender sowie Telekommunikationsanbieter abführen müssen. Die Werbung im öffentlichen TV war 2010 abgeschafft worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2015)

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