Spratly: Riskante Spiele im Chinesischen Meer

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Eine US-Militärmaschine überflog mit CNN an Bord Inseln, die China für sich reklamiert. Peking protestiert. Dabei fürchtet die Führung nichts mehr als eine Einmischung der USA.

Peking. Normalerweise entstehen neue Inseln, wenn Unterwasservulkane große Mengen Magma aus den Tiefen der Erde schleudern und das Gestein über der Meeresoberfläche hart wird. Was sich aber derzeit im Südchinesischen Meer abspielt, hat damit nichts zu tun. Vielmehr sind es Dutzende mit Baggern beladene Frachter aus China, die seit Monaten Tonnen von Sand und Schutt auf Korallenriffe kippen, den Schutt mit Beton befestigen und damit neue Inseln schaffen.

Die US-Denkfabrik Centre for Strategic and International Studies hat schon vor einigen Wochen Satellitenbilder veröffentlicht, auf denen gigantische Aufschüttungen rund um die Spratly genannten Riffe und Sandbänke unweit der philippinischen Küste im Südchinesischen Meer zu sehen sind – zum Ärger von Chinas Nachbarstaaten, die die Region ebenfalls für sich beanspruchen. Nun ist es zu einem gefährlichen Zwischenfall zwischen China und den USA gekommen.

Ein Überwachungsflugzeug der US-Marine ist mehrfach über das umstrittene Gebiet geflogen. Das chinesische Militär warnte den Piloten des P8-A-Poseidon-Fliegers insgesamt achtmal, das Gebiet zu verlassen. „Hier ist die chinesische Marine, gehen Sie bitte schnell weg, um Missverständnisse zu vermeiden“, wird aus den englischsprachigen Funksprüchen zitiert.

Die Aufnahmen sind deshalb so genau dokumentiert, weil der Pilot ein Team des US-Fernsehsenders CNN bei sich an Bord hatte. Das US-Militär hat diese Konfrontation öffentlichkeitswirksam in Szene gesetzt. Aus den CNN-Aufnahmen geht hervor, dass der Pilot die Anweisung der Chinesen verweigerte und ihnen selbstbewusst mitteilte, dass er sich in internationalem Luftraum befinde. Abgesehen von der Funkwarnung griff das chinesische Militär nicht weiter ein.

Der Protest aus Peking ließ aber nicht lange auf sich warten. China habe das Recht, seine „unbestreitbare Souveränität“ auszuüben, sagte der Sprecher des chinesischen Außenamts Hong Lei. Andere Länder sollten Chinas Position achten. Die regierungsnahe „Global Times“ bezeichnete das Vorgehen der USA als „bewusste Provokation“.

China streitet seit Jahren mit seinen Nachbarn um die Hoheit über die Region. Die Führung in Peking reklamiert fast das gesamte Südchinesische Meer als ihr Territorium. Vietnam, Taiwan, Malaysia, Brunei und die Philippinen erheben ebenfalls Anspruch auf die Riffe und Sandbänke, von denen die meisten unbewohnbar sind. Unter dem Meer werden große Erdöl- und Erdgasvorkommen vermutet.

Meist befahrene Route der Welt

Zudem ist das Südchinesische Meer strategisch für die Staaten wichtig. Im Zuge der rasanten Wirtschaftsentwicklung Chinas und Südostasiens hat es sich zu der meist befahrenen Seehandelsroute der Welt entwickelt. Über die Hälfte des weltweiten Tankverkehrs verläuft über dieses Gewässer.

Seit einigen Monaten versucht China Fakten zu schaffen. Nach Angaben der US-Denkfabrik Foreign Policy Research Institute (FPRI) schüttet China derzeit an fünf Stellen Land auf und soll bereits 800 Hektar geschaffen haben.

Den Nachbarstaaten gegenüber fühlt sich China militärisch überlegen, nicht aber gegenüber den USA. Aus Kreisen von unabhängigen Experten in Peking heißt es, nichts fürchte Chinas Führung mehr als eine Einmischung der USA. Zwar rüste China seit Jahren massiv auf. Doch mit der US-Marine würden die chinesischen Fregatten noch lange nicht mithalten können. Eine Konfrontation mit den USA würde Chinas Schwäche offenbaren.

US-Militärs hätten denn auch schon mehrfach die von China beanspruchten Regionen überflogen. Peking versuchte diese Schikanen stets herunterzuspielen. Mit einem CNN-Fernsehteam an Bord des US-Fliegers war das dieses Mal nicht möglich – für die chinesische Führung die eigentliche Provokation.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2015)

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