Protestparteien punkten vor Regional- und Kommunalwahlen am Sonntag mit Kampfansagen gegen Korruption.
Madrid. Nach endlosen Korruptionsskandalen steht Spanien in den Kommunal- und Regionalwahlen am Sonntag vor einem politischen Erdbeben: Der im Königreich regierenden konservativen Partei von Ministerpräsident Mariano Rajoy droht eine schallende Ohrfeige. Zwei neuen Protestparteien, die wegen ihres Kampfes gegen die verbreitete Korruption großen Zulauf haben, werden spektakuläre Erfolge vorausgesagt. Die Abstimmung wird als Generalprobe für die nationale Parlaments- und Regierungswahl Ende des Jahres angesehen.
Ausgerechnet der Parteisitz von Rajoys konservativer Volkspartei im Zentrum der Hauptstadt Madrid gilt in Spanien als Symbol der Korruption. Denn die millionenschwere Renovierung des Gebäudes mit der hübschen Glasfassade wurde nach Erkenntnissen des Nationalen Gerichtshofes aus einer Schwarzgeldkasse finanziert, die großzügig von parteinahen Unternehmern gefüllt wurde. Meist waren es Baulöwen, die von öffentlichen Aufträgen lebten, die sich dann mit Spenden erkenntlich zeigten.
Offenbar kein Einzelfall, sondern eher die Regel, wie man aus den Untersuchungen der Justiz in anderen regionalen Hochburgen der Konservativen folgern muss. Denn auf Mallorca, an der Costa Blanca oder in der Atlantikregion Galicien wird ebenfalls gegen prominente Parteifreunde Rajoys ermittelt.
Die Empörung der Bürger über die Selbstbedienungsmentalität in vielen Rathäusern, regionalen Regierungen und in der konservativen Machtzentrale in Madrid ist längst zu einem Sturm geworden. Eine Ahnung dessen, was Rajoys Konservativen am Sonntag blüht, gibt ein landesweites Wahlbarometer des staatlichen Umfrageinstitutes CIS: Danach stürzt Rajoys Volkspartei, die 2011 noch in der nationalen Wahl mit 45 Prozent die absolute Mehrheit holte, nun in der Wählergunst auf 26 Prozent ab.
Von diesem Niedergang profitieren nicht die Sozialisten, die auf 24 Prozent geschätzt werden, sondern vor allem die Neulinge: Podemos, Schwesterpartei der griechischen Syriza, trauen die Meinungsforscher rund 17 Prozent zu. Die eher in der Mitte angesiedelte Bewegung Cuidadanos wird bei 14 Prozent gesehen. Das reicht zwar noch nicht zur Eroberung der Macht, aber unter Umständen zum Mitregieren. Und das ist ja immerhin eine Chance, um die von den Aufsteigern versprochene „Ehrlichkeit und Transparenz“ in Spaniens Politik einziehen zu lassen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2015)