Beinbruch, Hexenschuss: Iran-Verhandler vom Pech verfolgt

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Die Außenminister der USA und des Iran sind durch einen Beinbruch und einen Hexenschuss außer Gefecht gesetzt. Auch inhaltlich hapert es noch bei wichtigen Fragen.

Der Endspurt hat begonnen: Bis Ende dieses Monats sollen die Verhandlungen mit dem Iran über dessen Nuklearprogramm abgeschlossen sein. Die Vertreter der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats (USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China) und Deutschlands haben sich bereits Anfang April mit Teheran auf die Eckpunkte eines Abkommens geeinigt. Doch zunächst spießte es sich noch bei den Details, die letzten Endes ausschlaggebend dafür sein könnten, ob der Atomstreit beendet wird. Diese Punkte sollen nun bis 30. Juni geklärt werden.

Ob dieser Zeitplan wirklich eingehalten werden kann, ist aber unklar. Zwei wichtige Proponenten der Gespräche scheinen – zumindest abseits des Verhandlungstisches – vom Pech verfolgt. Zuerst stürzte US-Außenminister John Kerry am Wochenende bei einer Tour in den französischen Alpen vom Fahrrad und brach sich dabei ein Bein. Am Dienstag wurde dann Irans Außenminister, Jawad Zarif, mit einem massiven Hexenschuss ins Krankenhaus eingeliefert. Bis Ende Juni haben Zarif und Kerry aber noch ein großes Arbeitspensum zu erfüllen. Hier einige der Punkte, die in den kommenden Wochen eine Rolle spielen werden.

Urananreicherung. Grundsätzlich hat man sich bereits im April darauf geeinigt, dass Teheran seine Kapazitäten zur Anreicherung von Uran herunterfahren muss. Die Zahl der installierten Zentrifugen zur Anreicherung soll von 19.000 auf 6100 gesenkt werden. Zudem erklärte sich Teheran dazu bereit, Uran nur mehr auf 3,67 Prozent anzureichern. Für den Bau einer Atombombe bräuchte man Uran, das auf etwa 90 Prozent angereichert worden ist.

Zudem soll der Iran in den nächsten 15 Jahren nur 300 Kilogramm von angereichertem Uran, des sogenannten nuklearen Brennstoffes, behalten dürfen. Laut einem jüngsten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA hat Teheran in den vergangenen 18 Monaten aber seine Bestände an nuklearem Brennstoff um 20 Prozent erhöht. Um auf die erlaubten 300 Kilogramm zu kommen, müssten binnen kürzester Zeit mehr als 90 Prozent des Materials vernichtet oder ins Ausland verfrachtet werden. Irans Verhandler sperrten sich bisher dagegen, bereits angereichertes Uran außer Landes zu schaffen.

► Aufhebung der Sanktionen. Ein zentraler Punkt bei den Verhandlungen ist die Aufhebung der internationalen Strafmaßnahmen gegen den Iran. Teheran will, dass die Sanktionen mit Unterzeichnung eines Abkommens fallen. Die USA und ihre europäischen Verbündeten sind hingegen für eine nur schrittweise Aufhebung. Zudem forderten sie, dass bei Verstößen des Iran gegen das Atomabkommen die Sanktionen sofort wieder in Kraft treten – und zwar ohne erneut den UN-Sicherheitsrat mit der Frage befassen zu müssen. Das lehnten Russland und China bisher ab. Sie verlangten den erneuten Weg in den Sicherheitsrat, in dem beide Staaten Beschlüsse mit einem Veto blockieren können.

Nun hat man sich laut der Nachrichtenagentur Reuters mit Moskau und Peking auf ein Verfahren geeinigt, wie Strafmaßnahmen wieder in Kraft gesetzt werden könnten. Die Grundzüge: Ein Sondergremium soll sich mit eventuellen Verstößen Teherans befassen und eine unverbindliche Empfehlung aussprechen. Zudem wird die IAEA regelmäßig berichten. Sollten Verstöße festgestellt werden, werden die Sanktionen wieder wirksam. Genauere Details waren zunächst noch nicht bekannt. Nun müsste auch noch der Iran einer derartigen Regelung zustimmen.

► Innenpolitischer Druck. Irans Präsident, Hassan Rohani, und sein Außenminister Zarif stehen vor allem in der Frage der Sanktionen unter enormem innenpolitischen Druck. Sie müssen ein Atomabkommen gegenüber den Hardlinern in der iranischen Führung verkaufen. Dafür brauchen sie einen Erfolg wie ein rasches Ende der wirtschaftlichen Strafmaßnahmen.

Aber auch US-Präsident Barack Obama und seinem Außenminister Kerry weht scharfer innenpolitischer Wind ins Gesicht. Die Republikaner, die im Kongress die Mehrheit haben, kritisieren Obamas „Nachgiebigkeit“ gegenüber Teheran.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2015)

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