Terrorismus: Israel testet Folgen schmutziger Bombe

Jerusalem
Jerusalem(c) REUTERS (AMMAR AWAD)
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Jerusalem befürchtet, zum Ziel von Anschlägen mit radioaktivem Material zu werden. In der Negev-Wüste hat es die Auswirkungen solcher Explosionen untersucht.

Jerusalem. Es ist ein Horrorszenario, das Experten aber als realistisch einschätzen: Eine Terrorgruppe verschafft sich radioaktives Material und verübt einen Anschlag mit einer schmutzigen Bombe. Was wären die Folgen für Mensch und Umwelt in der Umgebung? Wie müssten die Sicherheitskräfte agieren? Wie kann man sich schützen?

Die israelische Regierung gibt sich bei diesen Fragen offenbar nicht mit theoretischen Antworten zufrieden. Laut einem Bericht der „Haaretz“ hat Jerusalem in der Negev-Wüste die Auswirkungen einer solchen Explosion getestet. Vier Jahre lang seien die möglichen Schäden analysiert worden, schreibt die Zeitung am Montag. Hintergrund ist demnach die Sorge, dass militante Islamisten eine solche Waffe – einen konventionellen Sprengsatz, der mit radioaktivem Material versetzt wurde – gerade gegen Israel richten könnten. Eine Armeesprecherin in Jerusalem wollte den Bericht zunächst nicht bestätigen.

Nach Darstellung der „Haaretz“ erfolgten die Tests im Rahmen eines Projekts von Wissenschaftlern des Atomreaktors in Dimona in der Negev-Wüste. Ziel des Projekts Sade Jarok (Grüne Wiese) seien Methoden zur Verteidigung gegen eine solche Bombe gewesen.

Psychologisch dramatisch

Demnach sind in Israel insgesamt 20 Sprengsätze mit einem Gewicht von 250 Gramm bis 25 Kilo getestet worden. Sie enthielten den Stoff Technetium-99m, der unter anderem in der medizinischen Diagnostik verwendet wird. Nur eine Explosion sei in einem geschlossenen Raum, der Rest in der Wüste erfolgt. Die Strahlung im Zentrum der Explosion sei sehr stark. Eine deutlich kleinere Strahlung verbreite sich mit dem Wind, die aber keine größere Gefahr darstelle. Die Schlussfolgerung der Studie: Die Hauptgefahr solcher Bomben im Vergleich zu konventionellen Sprengsätzen sei der psychologische Effekt auf die Bevölkerung – neben der Zerstörung und Unsicherheit noch die Angst vor Verstrahlung. Eine weitere Sorge sei, dass eine Explosion mit radioaktivem Material in einem geschlossenen Raum eine lange Absperrung und aufwendige Säuberungsaktionen zur Folge hätten.

Israels Verteidigungsminister, Moshe Yaalon, hat dem Iran 2013 vorgeworfen, er wolle Terroristen mit nuklearem Material für solche Sprengsätze ausstatten, die sie gegen Ziele im Westen einsetzen könnten. Terrorexperten warnen vor entsprechenden Ambitionen von Extremistengruppen wie dem Islamischen Staat oder der al-Qaida. Radioaktives Material wird zum Beispiel in der Medizin verwendet. Immer wieder wurden Fälle von Diebstahl gemeldet, zuletzt unter anderem in Mexiko. (ag./red)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2015)

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