Israels Netanjahu torpediert UN-Bericht zum Gaza-Krieg

(c) EPA (Sebastian Scheiner)
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Der UN-Menschenrechtsrat sei nicht objektiv, meint der Ministerpräsident. Doch Israel wird sich verantworten müssen.

Jerusalem. Wenige Tage bevor die Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats ihren Bericht zum Gaza-Krieg vorstellt, nimmt Israels Regierung eine Abwehrhaltung ein. Den Bericht zu lesen sei „Zeitverschwendung“, meinte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am gestrigen Sonntag zu Beginn der wöchentlichen Regierungssitzung. Der UN-Menschenrechtsrat sei „Israel gegenüber nicht objektiv“, was sich daran zeige, dass die Zahl seiner Resolutionen gegen Israel „die Zahl derer gegen Syrien, den Iran und Nordkorea zusammen“ übersteige.

Seit Vereidigung der neuen national-religiös bestimmten Regierung in Jerusalem gerät Israel stärker ins Visier internationaler Kritik. Weil die Friedensverhandlungen zu nichts führten, verlagerten die Palästinenser ihren Kampf um die Selbstbestimmung ins Ausland. Besonders ungünstig stehen die Aussichten für Israel, vom Internationalen Strafgerichtshof aus der Verantwortung entlassen zu werden, wenn es wegen Kriegsverbrechen in Gaza zur Verhandlung kommt. Teil der Prozessakte wird der Bericht des UN-Menschenrechtsrats sein.

„Israel ist von einem präzedenzlosen Angriff der Delegitimierung konfrontiert“, kommentierte Netanjahu nach Empfang eines internen israelischen Berichts über die Ereignisse während des Krieges im vergangenen Sommer. Der Generalstaatsanwalt der Armee, Danny Efroni, leitete in nur drei Fällen eine strafrechtliche Untersuchung an, darunter die Bombardierung eines Straßencafés in der Stadt Khan Younis, ganz im Süden des Gazastreifens. Neun junge Palästinenser, die im Fernsehen das Halbfinalspiel der Fußballweltmeisterschaft zwischen Holland und Argentinien verfolgten, waren dort bei einem Luftangriff ums Leben gekommen. Eine von der Initiative Freunde Israels gesponserte Untersuchung der Nichtregierungsorganisation UN Watch kommt zum Ergebnis, dass „Israel diesen Krieg nicht wollte“. Während die wesentlichen Raketenangriffe der Hamas „vorsätzlich und willkürlich auf israelische Bevölkerungszentren zielten“ und „es sich zweifellos bei all diesen Angriffen um Kriegsverbrechen handelt“, agierte Israel mit dem „legitimen Krieg“, um „Bürger und Land zu verteidigen“. (knau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2015)

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