Moskau will Atomwaffenarsenal ausbauen

Putin sprach bei der Eröffnung einer Militärmesse.
Putin sprach bei der Eröffnung einer Militärmesse.(c) Reuters (Maxim Shemetov)
  • Drucken

Die Raketen seien fähig, "selbst die technisch am weitesten entwickelten Luftabwehrsysteme zu durchbrechen". US-Außenminister Kerry warnt vor einer Rückkehr zum Kalten Krieg.

Russland will sein Atomwaffenarsenal ausbauen und bis zum Jahresende mehr als 40 neue Interkontinentalraketen für die Atomstreitkräfte des Landes anschaffen. Diese Raketen seien fähig, "alle, selbst die technisch am weitesten entwickelten Luftabwehrsysteme zu durchbrechen", sagte Präsident Wladimir Putin am Dienstag nach Angaben der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Putin sprach bei der Eröffnung einer Militärmesse in der Nähe der Hauptstadt Moskau von einer "Perfektionierung" der Fähigkeiten der Luftwaffe und der Marine. Dabei verwies er auch darauf, dass noch in diesem Jahr ein neues Unterseeboot mit Atomsprengköpfen in Dienst gestellt werden solle. Es gehe um die "Stärkung der Sicherheit Russlands und seiner Wirtschaft", sagte Putin.

Bei einem Treffen mit seinem finnischen Kollegen Sauli Niinistö bekräftigte Putin später das Recht seines Landes auf Selbstverteidigung. Wenn russische Gebiete bedroht würden, müsse Russland seine Truppen dorthin verlegen, sagte Putin. Wenn eine solche Gefahr von einem Nachbarstaat ausgehe, müsse Russland "angemessen reagieren" und die Gefahr "neutralisieren". Der russische Präsident warf außerdem der NATO vor, sich russischen Grenzen zu nähern. Es sei nicht Russland, "das sich irgendwohin bewegt". Allerdings gebe es nach seiner Auffassung derzeit keinen Grund zu "größerer Sorge". Es handle sich um politische Signale gegen Russland.

Kerry warnt vor Rückkehr zu Kaltem Krieg

US-Außenminister John Kerry hat angesichts des von Russland angekündigten Ausbaus seines Atomwaffenarsenals vor einem Rückfall in den Kalten Krieg gewarnt. "Ich denke, niemand will eine Rückkehr zu einem Zustand wie im Kalten Krieg", sagte Kerry am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Washington, zu der einen Beinbruch auskurierende Minister aus seinem Zuhause in Boston zugeschaltet wurde.

"Natürlich beunruhigt mich das", sagte Kerry zu Russlands Ankündigung, bis zum Jahresende mehr als 40 hochmoderne Interkontinentalraketen für seine Atomstreitkräfte anzuschaffen. Kerry verwies auf den START-Abrüstungsvertrag, den Russland und die USA 1991 geschlossen und 2010 erneuert hatten. Darin wurde eine Verringerung der Atomwaffenarsenale beider Länder festgeschrieben. "Wir hatten eine enorme Zusammenarbeit seit den 90er Jahren zur Vernichtung von Atomwaffen, die sich auf den früheren Territorien der Sowjetunion befanden, und niemand will, dass wir einen Schritt zurück machen", sagte der US-Außenminister.

Nato: "Nukleares Säbelrasseln"

Die Nato verurteilte Russlands Pläne als "nukleares Säbelrasseln". Sie seien "ungerechtfertigt" und wirkten zudem "destabilisierend und gefährlich", sagte Stoltenberg in Brüssel. Die Erklärung aus Moskau sei gleichwohl die "Bestätigung" eines Verhaltens, das seit längerem beobachtet werde.

Am Samstag hatte die US-Tageszeitung "New York Times" berichtet, das Pentagon plane, schwere Waffen für bis zu 5000 US-Soldaten in Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien und möglicherweise in Ungarn zu stationieren. Hintergrund sind demnach die Ukraine-Krise und die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland. Die USA würden damit zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Kriegs über schweres Kriegsgerät wie Kampfpanzer in NATO-Staaten verfügen, die früher zum Einflussgebiet der Sowjetunion gehörten. Laut "New York Times" handelt es sich bisher jedoch lediglich um einen Vorschlag, dem das Weiße Haus und Verteidigungsminister Ashton Carter noch zustimmen müssten.

"USA schüren Angst vor Russland"

Das russische Außenministerium warf den USA am Montag vor, "unter ihren europäischen Verbündeten Angst vor Russland zu schüren". Es sei das Ziel Washingtons, "seine militärische Präsenz und seinen Einfluss in Europa auszubauen". Moskau hoffe, "dass die Lage in Europa nicht in eine neue militärischen Konfrontation ausarte", hieß es weiter.

Mehrere osteuropäische Staaten sind seit der Annexion der Krim im Frühjahr vergangenen Jahres zusehends beunruhigt über das Vorgehen Russlands. Dazu trägt auch die Ausweitung der russischen Militärpräsenz in der Ostsee sowie im Luftraum an ihren Grenzen bei. Die Baltenstaaten beantragten im April die dauerhafte Stationierung tausender NATO-Soldaten.

Russland hat die meisten Nuklearwaffen

Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri verfügt Russland unter den Atommächten der Welt über die meisten Nuklearwaffen. Ihre Gesamtzahl sank demnach zwar im Vergleich der Jahre 2014 und 2015 von 8000 auf 7500 Stück, die Zahl der einsatzbereiten Sprengköpfe stieg jedoch von 1600 auf 1780 Stück.

Diese Tendenz war zuletzt auch in den USA zu beobachten - mit einem Gesamtrückgang von 7300 auf 7260, aber einem Anstieg bei den einsatzbereiten Waffen von 1900 auf 2080. Beide Staaten betreiben laut den Sipri-Forschern derzeit zudem "umfassende und teure langfristige Modernisierungsprogramme".

(APA/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Carl Bildt warnt vor einem Krieg mit Russland

Schwedens Ex-Außenminister Carl Bildt nahm an einem Strategiegespräch im Wiener Außenamt teil.
Ein norwegischer Panzer bei einer Nato-Übung in Polen.
Außenpolitik

Nato-Manöver in Polen: 10.000 Soldaten aus 18 Ländern

Die Nato intensivert die Militärübungen wegen der "instabilen Sicherheitslage". Die deutsche Verteidigungsministerin besuchte die Nato-Truppe.
Außenpolitik

Neues Wettrüsten mit Russland bahnt sich an

Die Nato und Moskau verschärfen nicht nur ihre Rhetorik, sondern lassen zunehmend ihre militärischen Muskeln spielen.
Außenpolitik

Ukraine-Krise: EU-Staaten verlängern Sanktionen gegen Russland

Die wirtschaftlichen Strafmaßnahmen der EU-Mitgliedsländer gegen Moskau bleiben vorerst bis Jänner 2016 in Kraft.
Außenpolitik

EU verlängert Sanktionen gegen Russland

Ukraine-Krise: Wirtschaftliche Strafmaßnahmen gegen Moskau bleiben vorerst bis Jänner 2016 in Kraft.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.