Terrorangriff in Tunesien: Österreicher flohen auf Hotelzimmer

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Terroristen haben mindestens 37 Menschen in zwei Hotels in Tunesien erschossen. Unter den Opfern waren Belgier, Briten und Deutsche. Die Terror-Miliz IS bekannte sich zu der Tat.

Angriffe auf zwei Touristenhotels im tunesischen Badeort Sousse haben am Freitag nach jüngsten Angaben mindestens 37 Menschen in den Tod gerissen. Das berichtete der tunesische Radiosender Mosaique FM am Freitagabend unter Berufung auf Gesundheitsminister Said Aidi. Demnach wurde 36 Personen verletzt. Zwei oder drei Touristen seien in kritischen Zustand. Unter den Opfern sind Urlauber aus Großbritannien, Deutschland und Belgien.

Auf einem Bild war ein Urlauber in Badehose zu sehen, der am Strand in einer Blutlache lag. Weitere Bilder zeigten mehrere zugedeckte Leichen neben weißen Strandliegen.

Ein britischer Tourist, der zum Zeitpunkt des Anschlags in einer benachbarten Hotelanlage war, hat von Panik unter den Anwesenden berichtet. "Mein 22-jähriger Sohn ging gerade ins Wasser", sagte der aus Bristol stammende Gary Pine am Freitag in einem Telefonat mit dem britischen TV-Sender Sky News. "Plötzlich haben wir hundert Meter weiter links ein Geräusch wie von Böllern gehört." Schnell hätten die mehreren hundert Menschen am Strand aber begriffen, dass es sich bei den vermeintlichen Knallfröschen um Schüsse handelte und seien vom Strand geflohen. "Es gab eine Panik", sagte Pine weiter. Er schätzte, "20 oder 30 Schüsse" gehört zu haben, die "aus dem Nichts" gekommen seien. Pine und seine Frau hätten dem Sohn zugerufen, schleunigst aus dem Wasser zu kommen. Der junge Mann erzählte seinen Eltern daraufhin, er habe gesehen, wie am Strand jemand niedergeschossen worden sei.

IS bekannte sich in Audiobotschaft

Die Terror-Miliz Islamischer Staat (IS) bekannte sich mittlerweile in einer Video- und Audiobotschaft zu dem Anschlag.

Ziel waren das Hotel Imperial Marhaba sowie das Nachbarhotel Muradi Palm Marinay, berichtet die spanische Nachrichtenagentur EFE unter Berufung auf Sicherheitskreise. Nach diesen Angaben betraten zwei Bewaffnete das Areal der beiden Hotels und eröffneten das Feuer. Später kam es zu einem Schusswechsel mit der Polizei. Im Hotel Imperial Marhaba sei einer der Angreifer getötet worden. Auf Twitter wurden Bilder von einer schwarzgekleideten Leiche und einem Maschinengewehr verbreitet.

Bei dem getöteten Attentäter handelt es sich nach Angaben von Staatssekretär Rafik Chelly um einen der Polizei nicht bekannten jungen Studenten. Unklar war der Verbleib des zweiten Attentäters.

Österreicher wurden Zeugen des Blutbads

Unter den Hotelgästen waren auch mehrere Österreicher. Das wurde "Der Presse" im Außenminsterium bestätigt. Zwei von ihnen sollen sich ans Außenministerium gewandt haben: In ihren Hotelzimmern geführten Telefonaten schilderten die beiden, wie die mit Maschinengewehren bewaffneten Angreifer auf dem Hotelstrand ein Blutbad anrichteten. Die beiden Augenzeugen flüchteten auf ihre Zimmer. Die Polizei hat sie angehalten, diese vorerst nicht zu verlassen. Unter den Verletzten und Toten seien aber keine Österreicher, hieß es im Außenministerium gegenüber "Der Presse".

APA/EPA/STR

Der Tourismuskonzern TUI hat auf den Anschlag bereits reagiert: Er bietet seinen Tunesien-Urlaubern für Reisen bis einschließlich 15. September kostenlose Umbuchungen oder Stornierungen an, wie Österreich-Sprecherin Kathrin Limpel erklärte.

Erinnerungen an Angriff auf Bardo-Museum

Schon im März waren bei einem Anschlag auf das Bardo-Museum in der Hauptstadt Tunis mehr als 20 ausländische Touristen getötet worden. Die Islamisten-Miliz Islamischer Staat (IS) bekannte sich zu der Tat, doch es finden sich auch Hinweise auf einen tunesischen al-Kaida-Ableger. Es war der schwerste Anschlag in Tunesien seit mehr als einem Jahrzehnt.

Anders als in Ländern wie Libyen, Syrien oder Ägypten blieb es in Tunesien nach den Volksaufständen des "Arabischen Frühlings" lange Zeit ruhig. Allerdings gibt es mehrere islamistische Extremistengruppen in dem Land, etwa die Ansar al-Scharia. Im Nachbarland Libyen versucht zudem die IS-Miliz an Boden zu gewinnen. Nach Schätzungen der Behörden haben sich 3000 Tunesier dem IS in Syrien oder dem Irak angeschlossen. Die tunesische Regierung ist in Sorge, dass Rückkehrer im Land Anschläge verüben könnten. 

(APA/Reuters/AFP/Red.)

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