USA – Kuba: Ein Tauwetter mit Trübnissen

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USA CUBA RELATIONS(c) APA/EPA/JIM LO SCALZO (JIM LO SCALZO)
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Die Wiedereröffnung von Botschaften nach fast 55 Jahren wird in den USA zum Futter für den Präsidentschaftswahlkampf. Die Republikaner geben sich als Hardliner.

Washington. Die Auffahrt ist frisch asphaltiert, der neue Fahnenmast gleißt in der strahlenden Washingtoner Sonne: Ab 20. Juli wird die elegante Sandsteinvilla an der 16th Street im Nordwesten der US-Hauptstadt wieder als Botschaftsgebäude von Kuba dienen, erstmals seit dem Jänner 1961, als der damalige Präsident Dwight Eisenhower die diplomatischen Beziehungen zum kommunistischen Regime in Havanna abgebrochen hat. Außenminister John Kerry hat angekündigt, zur Wiedereröffnung der US-Botschaft nach Havanna reisen zu wollen.

Am Mittwoch präsentierten die Regierungen der beiden einstigen weltanschaulichen Widersacher das Ergebnis ihrer seit mehr als sechs Monaten laufenden Verhandlungen über eine Entspannung ihres Verhältnisses. Beide Seiten erwarten sich davon Vorteile. US-Präsident Barack Obama hat mehrfach erklärt, dass es Unfug sei, eine seit mehr als einem halben Jahrhundert währende, dem amerikanischen Ziel der Demokratisierung Kubas offenkundig nicht dienende Isolationspolitik fortzusetzen.

Schritt für Aufnahme in Weltbank

Obama erhofft sich, in den Beziehungen zu den restlichen lateinamerikanischen Nationen Fortschritte machen zu können, ohne ständig die Ächtung Kubas vorgehalten zu bekommen. Sein Gegenüber Raúl Castro wiederum setzt darauf, durch eine langsame Lockerung der Kontrolle seines Regimes über so gut wie alle Lebensbereiche der Kubaner einem gewaltsamen Sturz nach Art anderer kommunistischer Machthaber zu entgehen.

Die Aufnahme konventioneller diplomatischer Beziehungen zu den USA eröffnet der kubanischen Führung zudem die Aussicht auf verstärkte Investitionen der Exil-Kubaner in den USA und ist ein wichtiger Schritt, um in die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds aufgenommen zu werden.

Doch dieses diplomatische Tauwetter wird vom nahenden amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf getrübt. So gut wie alle der mehr als ein Dutzend republikanischen Anwärter haben sich klar gegen die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen ausgesprochen. Vor allem die beiden vermutlich chancenreichsten Konservativen, Marco Rubio und Jeb Bush – beide setzen auf die Hausmacht Florida und die Castro-feindlichen Exilkubaner – kündigen entschlossenen Widerstand gegen Obamas außenpolitisches Vorzeigeunterfangen an. „An diesem 4. Juli werden Berichte über eine neue US-Botschaft in Havanna die Unterdrückung in Kuba legitimieren und nicht die Anliegen von Freiheit und Demokratie fördern“, schrieb Bush auf Twitter. „Ich habe die Absicht, die Bestätigung eines Botschafters in Kuba so lange zu verhindern, bis diese Fragen angesprochen sind“, legte Bushs einstiger politischer Ziehsohn Rubio ebendort nach. „Es ist an der Zeit, dass unsere einseitigen Zugeständnisse an dieses hassenswerte Regime enden.“

Rubio bezog sich auf den heikelsten Punkt der Verhandlungen, der in den Kommuniqués des Weißen Hauses gerne klein gespielt wird: Kuba hat noch immer nicht zugestimmt, dass US-Diplomaten sich überall im Land frei bewegen und jedermann treffen können, allen voran Dissidenten. Die Republikaner im Kongress wollen die Freigabe jener rund 6,6 Millionen Dollar verhindern, die für die Renovierung des 1950er-Jahre-Gebäudes in Havanna erforderlich wären.

Sollten die kubanischen Diplomaten, die fortan in Washington ihren Dienst versehen, Probleme mit dem politischen Tauwetter und dem Umstieg haben, haben sie es jedenfalls nicht weit, um nach Rat zu fragen: Links neben der kubanischen Botschaft befindet sich jene Litauens, rechts jene Polens.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2015)

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