Atom-Deal steht, Waffen-Embargo bleibt aufrecht

Letzte Runde: Die Außenminister der 5+1-Gruppe und des Irans treffen sich Dienstagvormittag im Palais Coburg.
Letzte Runde: Die Außenminister der 5+1-Gruppe und des Irans treffen sich Dienstagvormittag im Palais Coburg.(c) REUTERS (POOL)
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EU-Außenbeauftragte Mogherini bestätigt die Einigung. Für die Waffen- und Raketenembargos gelten Übergangsfristen. Verstößt der Iran gegen das Abkommen, treten die Sanktionen wieder in Kraft.

Die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm sind zu einem Ende gkommen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hat die Einigung mit dem Iran über ein Ende des jahrelangen Atomstreits bestätigt. Dies sei ein Zeichen der Hoffnung für die ganze Welt, sagte Mogherini am Dienstag unmittelbar vor der förmlichen Verabschiedung des Abkommens durch die beteiligten Staaten. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Zarif sagte laut iranischer Agentur Isna, dass das Abkommen mit den Großmächten die beste Lösung sei, wenn auch nicht umfassend. Schon am Dienstagmorgen berichteten mehrere Diplomaten von einer Einigung.

Das Hauptziel der internationalen Staatengemeinschaft beim angestrebten Atom-Deal mit dem Iran war es, Teheran den Bau einer Atombombe zu erschweren. Derzeit würde der Iran zwei bis drei Monate brauchen, um dafür genügend hochangereichertes Uran zu produzieren. Diese "Breakout time" soll nun auf mindestens ein Jahr ausgedehnt worden sein.

Dienstagvormittag wollten die Außenminister des Iran und der 5+1 (UN-Vetomächte plus Deutschland) zu einer Plenarsitzung in der Wiener UNO-City zusammenkommen, kündigten die Sprecherinnen von US-Außenminister John Kerry und EU-Außenbeauftragter Federica Mogherini an. Die EU hat eine Sitzung der Minister für den Vormittag und eine anschließende Pressekonferenz im Austria Center angekündigt. US-Präsident Barrack Obama hat eine Rede um 13 Uhr unserer Zeit angekündigt.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO/IAEA) und der Iran haben am Dienstag eine Vereinbarung unterzeichnet, die eine zentrale Rolle beim Atomdeal spielen wird. In den nächsten Monaten werde die IAEA unter anderem Zugang zur Militäranlage im iranischen Parchin erhalten, sagte IAEA-Chef Yukiya Amano.

Embargo bleibt vorerst aufrecht

Das Raketenembargo der UNO soll noch acht Jahre aufrecht bleiben, das Waffenembargo noch fünf Jahre. Außerdem sollen die Sanktionen innerhalb 65 Tagen wieder inkrafttreten können, sollte der Iran gegen die Vereinbarung verstoßen. Die iranische Nachrichtenagentur IRNA berichtet der Iran werde auch weiterhin Uran anreichern. Das ist in den bereits durchgesickerten Passagen der Vereinbarung auch zu lesen.

Der Iran stimmte laut IAEA einer Untersuchung zur Vergangenheit seines Atomprogramms zu. IAEA-Chef Amano sprach von einem "bedeutenden Schritt voran". Die Klärung des Vorwurfs, dass der Iran bis 2003 und womöglich danach an der Entwicklung von Atomwaffen arbeitete, ist eine Hauptforderung der Weltmächte. Die IAEA geht seit Jahren dem Verdacht auf eine militärische Dimension des iranischen Atomprogramms nach. Die UN-Organisation beklagte dabei immer wieder, dass ihren Inspektoren nicht umfassender Zugang zu allen verdächtigen Anlagen gewährt worden sei.

Letzte lange Nacht

Eine Einigung hätte beinahe Montagabend schon gegeben. Um 19.30 Uhr war eine Fernsehansprache des iranischen Präsidenten Hassan Rohani angekündigt. Etwa eineinhalb Stunden zuvor ließ Rohani von seinem Twitter-Account vemelden, dass eine Einigung erzielt sei - zu früh. In zwei Punkten dürfte das Abkommen immer noch in der Schwebe gestanden sein: beim UN-Waffenembargo und der Kontrolle der Militärstützpunkte. Der Westen hätte gerne unangekündigte Kontrollen in dem Abkommen festgehalten. Die iranische Führung, allen voran Revolutionsführer Ali Khamenei, hatte eine Inspektion von Militäranlagen kategorisch ausgeschlossen und von einer "roten Linie" gesprochen.

Die Gespräche im Palais Coburg waren wiederholt verlängert worden. Auch das jüngste gemeinsame Zieldatum - der Montag - hatte wieder nicht gehalten werden können. Im Gegenzug für das Einlenken des Irans werden die Wirtschaftssanktionen des Westens schrittweise aufgehoben. Der skeptische US-Kongress - viele Abgeordnete lehnen jegliche politische Kooperation mit dem Iran ab - muss der Vereinbarung aber noch zustimmen.

Diplomaten der fünf UN-Vetomächte USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich sowie Deutschlands verhandeln seit mehr als zwei Wochen in Wien mit dem Iran an der finalen Einigung über die Aufhebung von Sanktionen.

Israel ortet "Lizenz zum Töten"

Israel läuft gegen das Abkommen Sturm: Israels Vize-Außenministerin Tzipi Hotovely ließ mitteilen: "Israel wird mit allen Mitteln agieren, um zu versuchen das Abkommen vor der Unterzeichnung zu stoppen." Nach den Worten von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu ist auch angesichts des sich abzeichnenden Atom-Deals mit dem Iran die Verpflichtung Israels, zu verhindern, dass Teheran in den Besitz von Kernwaffen kommt, gültiger denn je. Israel schließe dafür auch weiterhin eine militärische Option nicht aus, sagte Netanyahu am Montag bei einer Sitzung der Likud-Fraktion, so die "Jerusalem Post". Der israelische Kultur- und Sportminister nannte das Abkommen Dienstagfrüh eine "Lizenz zum Töten".

(APA/AFP/Reuters/klepa/cu)

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