Spanien: Neuer Akt im katalanischen Scheidungsdrama

(c) REUTERS (GUSTAU NACARINO)
  • Drucken

Mit einer einheitlichen Liste wollen die Separatisten in Barcelona bei der Regionalwahl im September für die Unabhängigkeit abstimmen lassen - und sich dann gleich von Madrid trennen. Fußballidol Guardiola soll dabei helfen.

Die Eröffnungsszene des neuen Aktes im katalanischen Scheidungsdrama Montagabend war perfekt: Auf der pittoresken Terrasse des Museums für katalanische Geschichte im Zentrum von Barcelona präsentierte der strahlende Regionalpräsident, Artur Más, gemeinsam mit seinen separatistischen Kampfgenossen die frisch gegründete Prounabhängigkeitsliste „Gemeinsam für ein Ja“. In der abendlichen Sommerbrise wehten die katalanische und die europäische Fahne, dahinter erstreckte sich das alte Barcelona – wie für die Presse bestellt.

Der Plan: Die Regionalwahl am 27. September soll als Plebiszit für die Separatisten dienen, deshalb die Liste. Ein Referendum war im vergangenen Herbst vom Verfassungsgericht in Madrid verboten worden. „Gewinnt ein Ja, wird das katalanische Parlament sofort die Unabhängigkeit erklären“, posaunte der frisch gekürte Spitzenkandidat, der Grüne Raül Romeva.

Nur der Star der Allianz, Fußballikone Pep Guardiola, fehlte. Er war gerade mit seinem FC Bayern in China unterwegs. Der Trainer hatte aber schon zuvor ordentliche internationale PR-Arbeit geleistet, als er überraschend seine Kandidatur für die Separatistenliste ankündigte. Einen Jobwechsel will Guardiola gar nicht: Als Listenletzter wird er wohl kaum ins Parlament gewählt werden. Sein Beitrag soll rein symbolisch sein: Die Unterstützung des Ex-Barca-Fußballgottes im Wahlkampf dürfte den Separatisten neuen Antrieb geben.

Und einen Guardiola-Effekt haben sie bitter nötig: Denn ganz so harmonisch wie auf der Museumsterrasse ist die Stimmung innerhalb der Anti-Madrid-Allianz nicht. Abgesehen von der Unabhängigkeit verbindet die Parteien – Grüne, Linksrepublikaner (ERC) und Artur Más Zentrumsliberale (CDC) – wenig. Monatelang hatten sich CDC und ERC wegen der Listenführung gestritten, bis sie sich auf Romeva einigten. Das auch Vertreter der katalanischen Zivilgesellschaft kandidieren, dürfte wenig zur Versöhnung beitragen. Hinzu kommt, dass die Begeisterung der Katalanen für einen eigenen Staat abgekühlt ist. Laut einer Umfrage von Anfang Juli wollen nur noch knapp über 40 Prozent die Scheidung von Madrid, im September waren es noch 60 Prozent. Grund sind Ermüdung infolge des ewigen Streits zwischen den Großparteien sowie der Erfolg der Anti-Establishment-Bewegungen Podemos (links) und Ciudadanos (bürgerlich). Ihre Antwort auf die verhassten Madrider Politiker überzeugt die von der Krise geplagten Katalanen mehr als ein neuer Staat: Sie versprechen Erneuerung – in Form von Umverteilung (Podemos), Generationswechsel und Korruptionsbekämpfung (Ciudadanos).

Guardiola spielt „nur für Geld“

Ungewollte Schützenhilfe für die Separatisten dürfte indes aus Madrid kommen, dank heftiger Attacken, auf die die Katalanen immer ganz besonders erzürnt reagieren: Der konservative Premierminister, Mariano Rajoy, machte schon klar, dass er „keine Unabhängigkeit tolerieren“ werde. Und Innenminister Fernández Díaz griff gar Barca-„Gott“ Guardiola persönlich an: Seine Kandidatur sei „blamabel“, sagte er. Ein Beweis, dass er in der spanischen Liga nicht aus Überzeugung, sondern „nur für Geld“ gespielt habe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Terrororganisation ETA/Archivbild.
Außenpolitik

Basken träumen weiter von ihrer Unabhängigkeit

Separatistenmehrheit auch nach der Zerschlagung der Terrororganisation ETA.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.