Erdogan in China: Streit um Uiguren überschattet Staatsbesuch

Erdogan mit Chinas Präsident Xi Jinping.
Erdogan mit Chinas Präsident Xi Jinping.APA/EPA/HOW HWEE YOUNG
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Nicht nur der Umgang Chinas mit der muslimischen Minderheit der Uiguren steht beim Staatsbesuch Erdogans auf der Tagesordnung. Der türkische Staatschef liebäugelt auch mit einem teuren chinesischen Raketenabwehrsystem.

Günstig ist der Zeitpunkt des zweitägigen Staatsbesuchs von Recep Tayyip Erdogan in China nicht: Während Ankara mit dem Vorgehen gegen den Islamischen Staat (IS) in Syrien und der Offensive gegen die kurdische PKK im Irak alle Hände voll zu tun hat, steht dem türkischen Präsidenten bei seiner Ankunft in China am Mittwoch eine weitere Auseinandersetzung bevor: Die Beziehungen zwischen Peking und Ankara sind in den vergangenen Wochen durch türkische Hilfe für uigurische Flüchtlinge belastet worden.

Viele Angehörige des muslimischen Turkvolkes in der nordwestchinesischen Region Xinjiang verlassen China mit Hilfe von Menschenschmugglern meist in Richtung Südostasien, weil sie sich politisch, kulturell und religiös unterdrückt fühlen. China wirft türkischen Diplomaten vor, ihnen dort mit Reisedokumenten zu helfen.

Behandlung der Uiguren in China "Völkermord"

Die Abschiebung von rund 100 Uiguren durch die thailändische Regierung nach China hatte Anfang des Monats in Istanbul zu gewaltsamen Protesten vor dem thailändischen Konsulat geführt. Spannungen gibt es auch über anti-chinesische Proteste in der Türkei nach Berichten über Beschränkungen für Muslime in China während des Fastenmonats Ramadan.

"Das Thema Xinjiang wird in den Gesprächen unvermeidlich sein, weil die Äußerungen der Türkei über die Autonome Region ein hemmender Faktor in der Entwicklung der bilateralen Beziehungen ist", sagte Zhu Weilie, Experte der Shanghaier Universität für internationale Studien, der chinesischen Zeitung "Global Times".

Erdogan hatte die Behandlung der Uiguren in China 2009 als "eine Art Völkermord" bezeichnet. Das Turkvolk beklagt Unterdrückung, während Chinas Behörden uigurische Gruppen des Separatismus und Extremismus beschuldigen. Nach einer Reihe von Terroranschlägen gehen die Sicherheitskräfte verschärft gegen Uiguren vor, was auch zu blutigen Auseinandersetzungen mit der Polizei geführt hat.

Raketenabwehrsystem aus China

Beobachter erwarten allerdings, dass beide Seiten die Differenzen eher herunterspielen werden. Denn im Mittelpunkt der Visite Erdogans steht gleichwohl die wirtschaftliche Kooperation - das Handelsvolumen zwischen den beiden Ländern beträgt rund 24 Milliarden Dollar. In seiner 100-köpfigen Delegation reisen viele Unternehmensvertreter mit.

Auch will Erdogan die Gespräche über einen möglichen Kauf eines Raketenabwehrsystems aus China fortsetzen. Das NATO-Mitglied Türkei hatte sich 2013 für ein 3,4 Milliarden US-Dollar teures Angebot der chinesischen China Precision Machinery Import and Export Corporation ausgesprochen. Die Verhandlungen waren in der Zwischenzeit allerdings ins Stocken geraten. Vor seiner Reise sagte Erdogan jedoch, er sei offen für ein verbessertes Angebot der chinesischen Seite.

Die mögliche Kooperation wird bei den NATO-Partnern allerdings skeptisch beäugt. Die Mitglieder haben Zweifel über die Kompatibilität des chinesischen Abwehrsystems mit NATO-Systemen.

(APA/dpa)

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