Türkei: Justiz ermittelt gegen Chef der pro-kurdischen HDP

Demirtas wird die Anstachelung zu bewaffneten Protesten vorgeworfen.
Demirtas wird die Anstachelung zu bewaffneten Protesten vorgeworfen.REUTERS
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Kein Ende im türkischen Kurden-Konflikt: Laut Medienberichten ermittelt die türkische Staatsanwaltschaft gegen den Chef der Kurden-Partei HDP, Selahattin Demirtas. Im drohen bis zu 24 Jahre Haft.

Die türkische Staatsanwaltschaft hat offenbar Ermittlungen gegen den Chef der Demokratischen Partei der Völker (HDP), Selahattin Demirtas, eingeleitet. Die Anklagebehörde in Diyarbakir im Südosten der Türkei prüft laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Anadolu vom Donnerstag Vorwürfe der Störung der öffentlichen Ordnung sowie der Anstachelung zu bewaffneten Protesten im Oktober 2014.

Sollte es zu einem Prozess gegen den Chef der pro-kurdischen Partei kommen, drohen Demirtas bis zu 24 Jahre Haft. Hintergrund der Ermittlungen seien die Demonstrationen in Zusammenhang mit der syrischen Stadt Kobane (arabisch: Ayn al-Arab). Bei den gewaltsamen Protesten waren im Oktober 2014 mehr als 30 Menschen getötet worden. In einer anderen Quelle ist von mindestens 40 Toten die Rede. Die Kurden waren aus Wut darüber, dass die Regierung in Ankara den von der jihadistischen Organisation "Islamischer Staat" (IS) bedrängten Kurden in Kobane nicht militärisch zu Hilfe kommt, auf die Straße gegangen. Kurdische Kämpfer befreiten Kobane im Jänner aus IS-Händen.

Erdogan: Verbindungen zu "Extremisten"

Die pro-kurdische HDP von Demirtas hatte bei den jüngsten Parlamentswahlen am 7. Juni erstmals die Zehn-Prozent-Hürde überwunden und zog ins türkische Parlament ein. Die regierende islamisch-konservative AKP verlor demgegenüber ihre absolute Mehrheit. Dem Wunsch von Präsident Recep Tayyip Erdogan nach Aufbau eines Präsidialsystems in der Türkei wurde vorerst ein Strich durch die Rechnung gemacht. Erst am Dienstag hatte Erdogan gesagt, es könne seiner Ansicht nach gegen einzelne Parteimitglieder der HDP vorgegangen werden, die Verbindungen zu "Extremisten" hätten.

Der HDP wird von Kritikern immer wieder der Vorwurf gemacht, der in der Türkei verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahezustehen. Experten, wie etwa der türkische Soziologe Bülent Kücük, sprechen zwar von einer politischen Affinität zwischen der HDP und der PKK, bezeichnen die beiden Parteien aber als voneinander unabhängige politische Bewegungen. Ankara geht zurzeit mit aller Härte gegen die Kurden im eigenen Land vor. Die türkische Luftwaffe fliegt Angriffe auf PKK-Stellungen im Land sowie im Nordirak.

(APA/AFP/dpa)

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