Grünes Licht für Gericht zur Ahndung von UÇK-Verbrechen

Veteranen protestieren gegen die Entscheidung des Kosovo-Parlaments.

Belgrad. Ein Flaschenhagel und wüste Schmähungen seiner früheren Mitstreiter prasselten auf ihn bei seinem schweren Gang ins Parlament nieder: Ausgerechnet Hashim Thaçi, der frühere politische Direktor der kosovo-albanischen Untergrundarmee UÇK, hatte auf Geheiß der EU und der USA zu Wochenbeginn die Gründung eines Sondergerichtshofs zur Ahndung von UÇK-Kriegsverbrechen durch das Parlament zu peitschen. Es sei keine leichte, aber für die euroatlantische Integration des Landes „notwendige“ Entscheidung sagte Thaçi, der heute Außenminister des Kosovo ist.

Zähneknirschend fügten sich die Abgeordneten. Hatte die von der Regierung eingebrachte Vorlage zur Schaffung eines in der Kosovo-Hauptstadt Prishtina und Den Haag ansässigen Sondertribunals Ende Juni die erforderliche Zweidrittelmehrheit noch klar verfehlt, segneten dieses Mal 82 der insgesamt 120 Abgeordneten bei fünf Gegenstimmen das Vorhaben ab: Die Opposition boykottierte die Abstimmung.

„Befreier werden vor Gericht gestellt“

Das geplante Gericht setze die Opfer und nicht die Aggressoren auf die Anklagebank, ärgerte sich die Abgeordnete Valdete Bajrami von der oppositionellen Nisma-Partei. Serbien sei im Kosovo-Krieg der „Besatzer“ gewesen, „aber die Befreier sollen vor Gericht gestellt werden“, entrüstete sich auch Glauk Konjufca von der oppositionellen Vetevendosje (Selbstbestimmung). Die Aufarbeitung der im Namen der eigenen Nation begangenen Kriegsverbrechen steckt im Kosovo noch immer in den Kinderschuhen.

Das grüne Licht für das Sondergericht, das vor allem die an der serbischen Zivilbevölkerung während des Kosovo-Kriegs 1999 begangenen Verbrechen aufklären soll, dürfte Prishtina den Weg zum ersehnten Assoziierungsabkommen mit der EU ebnen – dem allerersten Schritt auf dem noch sehr langen Weg des Kosovo zur angestrebten EU-Mitgliedschaft. (ros)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2015)

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