Republikaner und Demokraten investieren Rekordsummen, um die Nachfolge von Barack Obama antreten zu können. Es zeichnet sich eine noch stärkere ideologische Verschärfung ab.
Washington. Die Senatoren und Kongressabgeordneten sind im Urlaub, die erste republikanische Fernsehdebatte ist geschlagen, und bis zur nächsten sind es noch sechs Wochen: Wenn Amerikas Politiker noch ein paar Momente zum Verschnaufen finden wollen, dann sind diese Tage dafür die letzte Gelegenheit bis Ende des nächsten Jahres.
Am 8. November 2016 werden die Amerikaner einen neuen Präsidenten wählen. Es wird der mit Abstand teuerste Wahlkampf in der Geschichte demokratischer Staaten sein. Mehr als vier Milliarden Dollar (3,7 Milliarden Euro) werden Republikaner und Demokraten aufwenden, um ihre Vorhaben und Programme unter das Volk zu bringen, aber auch, um den Gegner fertigzumachen. Ein Großteil dieses Geldes wird über Wahlkampfvehikel gesammelt und ausgegeben werden, die kaum einer Rechenschaftspflicht unterliegen.
Für die Demokraten dürfte Hillary Clinton antreten. Sie steht parteiintern vonseiten des linken Flügels zusehends unter Druck. Bei den Republikanern ist noch unklar, wer von den 17 Anwärtern zum offiziellen Kandidaten gekürt wird. Der grobe Immobilienunternehmer Donald Trump liegt derzeit zwar vorn, mit seiner Drohung, er werde notfalls als unabhängiger dritter Kandidat antreten, hat er es sich am Donnerstag aber mit dem Parteiestablishment verscherzt.
So oder so erwartet die Amerikaner eine weitere Vertiefung der ideologischen Kluft im Land. Um es mit den Worten von Carly Fiorina, der einzigen weiblichen republikanischen Kandidatin, zu sagen: „Ich bin konservativ, weil ich glaube, dass alle Menschen gleich sind. Die Progressiven hingegen glauben, dass manche Leute gescheiter sind und darum über die anderen bestimmen sollen.“
Hillary Clinton (67)
ehemalige US-Außenministerin.
Favoritin. Die Ehefrau von Ex-Präsident Bill Clinton, die Präsident Barack Obama im Wahlkampf 2008 unterlag, gilt als die große Favoritin der Demokraten. In der Partei hat sie große Unterstützung, aber die Affäre um ihr privates E-Mail-Konto belastet ihre Kampagne. Die frühere Senatorin für New York und Ex-Außenministerin legt den Fokus auf die wirtschaftlichen Nöte der Durchschnittsamerikaner.
Jeb Bush (62)
Ehemaliger Gouverneur Floridas
Moderat. Der dritte Präsidentschaftsanwärter aus dem Bush-Clan, Jeb Bush, gilt als moderater Republikaner, manchen seiner Kollegen gar zu moderat: Unter anderem will er eine Einwanderungsreform durchboxen. Dass er Spanisch spricht und eine mexikanische Ehefrau hat, sind zwei seiner größten politischen Trümpfe. Gefährlich werden könnte ihm aber das Erbe seines Bruders, George W. Bush.
Donald Trump (69)
Milliardenschwerer Immobilientycoon
Provokateur. Der Geschäftsmann ist das Enfant terrible der Republikaner: Seine aggressiven Parolen dominieren die Schlagzeilen des Vorwahlkampfs. Mexikanische Einwanderer bezeichnete er pauschal als Vergewaltiger und Drogenhändler, an der Grenze zu Mexiko will er eine Mauer bauen. Politisch steht Trump zwischen Republikanern und Demokraten, er schließt auch eine unabhängige Kandidatur nicht aus.
Joe Biden (72)
Vizepräsident der Vereinigten Staaten
Populär. Der Politiker der Demokratischen Partei hat seinen Einstieg ins Rennen noch nicht verkündet, aber Vertraute loten seine Chancen bei Parteimitgliedern und Sponsoren gerade aus. Der Vizepräsident und frühere Senator für den Bundesstaat Delaware könnte Hillary Clinton parteiintern ernsthafte Konkurrenz machen: Die Beliebtheitsrankings führt er mit deutlichem Abstand an.
Marc Rubio (44)
Senator aus Florida
Konservativ. Marc Rubio gehört zum konservativen Flügel der Republikaner. 2010 wurde er mithilfe der Tea-Party-Bewegung zum Senator Floridas gewählt. Der vierfache Vater will die Gesundheitsreform von Präsident Obama kippen, ist gegen Abtreibung und für niedrige Unternehmenssteuern. Rubio, Sohn kubanischer Einwanderer, setzt sich für eine strikte Migrationspolitik ein.
Rand Paul (52)
Senator aus Kentucky
Außenseiter. Rand Paul gilt als Querdenker und als Außenseiter, der mit strikt libertären Ansichten vor allem Tea-Party-Anhänger hinter sich hat. Das politische Credo des Senators aus Kentucky: kleiner Staat, wenig Steuern, gegen militärische Interventionen. Bemerkenswert ist seine Opposition gegen die massive Überwachung durch den Geheimdienst NSA.
Bernie Sanders (72)
Senator aus Vermont
Held der Linken. Mit dem Eintreten für eine Krankenversicherung nach europäischem Vorbild und einer Abschaffung der Studiengebühren begeistert der sich selbst als Sozialist bezeichnende Senator den linken Flügel der Demokraten. In Umfragen liegt er zwar weit hinter Clinton. Er beeinflusst aber zusehends ihre inhaltliche Positionierung.
Scott Walker (47)
Gouverneur von Wisconsin
Hardliner. Der Republikaner zählt zum erzkonservativen Lager seiner Partei, wie seine Arbeit in Wisconsin zeigt: Er schränkte die Rechte der Gewerkschaften ein, strich staatliche Programme, senkte Vermögensteuern und verschärfte Abtreibungsgesetze. Unter ihm als Präsident würde es auch keine Amnestie für Illegale geben, wie Walker betont.
Chris Christie (52)
Gouverneur von New Jersey
Unverblümt. Der Republikaner ist bekannt dafür, sich kein Blatt vor den Mund zu nehmen und zum Teil linke Positionen zu vertreten. So drängt Christie, dem nur Außenseiterchancen eingeräumt werden, auf ein strenges Waffengesetz. Zu den Hardlinern zählt der Jurist, wenn es um die NSA-Überwachung geht, die er als Präsident ausweiten würde.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.08.2015)