Kabul: Schwerste Anschlagserie seit Jahren

Afghan National Army soldiers watch as an excavator works at the site a truck bomb blast in Kabul
Afghan National Army soldiers watch as an excavator works at the site a truck bomb blast in Kabul(c) REUTERS (AHMAD MASOOD)
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Ein Selbstmordattentäter riss vor der Polizeiakademie in Afghanistan mindestens 25 Kadetten mit in den Tod. Zuvor wurden bei einem Anschlag 15 Menschen getötet.

Bei der schwersten Anschlagserie in der afghanischen Hauptstadt Kabul seit Jahren sind mehr als 40 Menschen getötet und 270 weitere verletzt worden. Ein Selbstmordattentäter riss am Freitagabend vor der Polizeiakademie in Kabul mindestens 25 Kadetten mit in den Tod. 20 weitere Kadetten seien bei der Detonation verletzt worden, hieß es aus Polizeikreisen.

Keine 24 Stunden zuvor waren bei der nächtlichen Explosion einer gewaltigen Lastwagenbombe in Kabul nach Regierungsangaben mindestens 15 Menschen getötet und 250 weitere verletzt worden. Unter den Verletzten seien 37 Kinder und 40 Frauen, sagte Präsidentensprecher Safar Hashemi.

Zu den Anschlägen kam es kurz nach einem Führungswechsel bei den radikalislamischen Taliban. Diese bekannten sich zu dem Anschlag vor der Polizeiakademie. Taliban-Sprecher Sabiullah Mujahid wies aber jede Verantwortung für die Lastwagenbombe zurück. Es war die schwerste Anschlagserie in Afghanistan seit dem Ende des NATO-Kampfeinsatzes zum Jahreswechsel und die schwerste in Kabul seit Jahren.

Der Attentäter vor der Polizeiakademie hatte sich Angaben aus dem Innenministerium zufolge als Kadett ausgegeben und in eine Schlange vor dem Eingang eingereiht. Die jungen Männer hätten darauf gewartet, nach dem Wochenende - das in Afghanistan am Freitagabend endet - durch die Sicherheitskontrolle zurück in die Akademie zu gelangen.

Kabuls Polizeichef Abdul Rahman Rahimi sagte, der Sprengsatz in dem Lastwagen sei um 01.00 Uhr (Ortszeit) in der Nacht zu Freitag gezündet worden. Ziel sei eine Einheit des Armee-Geheimdienstes auf einer Basis in einem Wohnviertel gewesen. Das Gesundheitsministerium sprach sogar von mehr als 400 Verletzten bei diesem Anschlag. Viele von ihnen hätten allerdings nur leichte Verletzungen etwa durch Glassplitter erlitten, sagte ein Ministeriumssprecher.

Ein dpa-Reporter berichtete kurz nach der ungewöhnlich massiven Explosion in der Nacht zu Freitag vom Anschlagsort, Dutzende Wohnhäuser und Läden seien zerstört oder beschädigt worden. Einige Dächer seien eingestürzt. Die in der ganzen Stadt hörbare Detonation habe einen Krater von rund zehn Metern Tiefe und einem Durchmesser von etwa 15 Metern in die Straße gerissen.

Polizeichef Rahimi sagte, aus den beschädigten Häusern seien über Nacht zahlreiche dort eingeschlossene Bewohner gerettet worden. Auch ein im Bau befindliches Gebäude stürzte ein. Arbeiter, die auf der Baustelle geschlafen hatten, wurden nach Angaben der Polizei aus den Trümmern gerettet. Zahlreiche Autos, die in der Straße parkten, wurden durch die Detonation zerstört.

Präsident Aschraf Ghani besuchte Überlebende des Anschlags am Freitagmorgen nach seiner Rückkehr aus Deutschland, wo er medizinisch am Fuß behandelt worden war. Ghani kündigte eine Untersuchung des Anschlags und Hilfe für die Opfer an.

Der Direktor des Emergency-Krankenhauses in Kabul, Luca Radaelli, sagte der Deutschen Presse-Agentur, rund 90 Verletzte seien dorthin gebracht worden. "Wir haben zwei von ihnen verloren." Die Klinik sei mit der Versorgung so vieler Opfer überfordert. Vor dem Krankenhaus warteten Hunderte Menschen auf Nachrichten von ihren Angehörigen.

Die Vereinten Nationen hatten erst am Mittwoch in ihrem Halbjahresbericht erklärt, dass in den ersten sechs Monaten dieses Jahres in Afghanistan fast 5000 Zivilisten getötet oder verletzt worden seien. Die UN machten die radikalislamischen Taliban und andere Aufständische für 70 Prozent der zivilen Opfer verantwortlich.

(APA/AFP)

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