Türkei: Kurdenkonflikt eskaliert

TURKEY CLASH PKK
TURKEY CLASH PKK(c) APA/EPA/STR (STR)
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Nach neuen gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Südostürkei droht die PKK mit Angriffen auf Städte. Die PKK-Führung hofft auf Vermittlung der USA.

Istanbul. In der südosttürkischen Provinz Diyarbakır ist es am Wochenende zu neuen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und türkischen Streitkräften gekommen. Dabei soll ein Soldat getötet worden sein. Das türkische Militär startete daraufhin eine Offensive gegen PKK-Kämpfer in der Region. Die Polizei ist laut türkischen Medienberichten auch gegen eine Jugendorganisation der PKK vorgegangen, die im Bezirk Sur Barrikaden zur Abgrenzung kurdischer Gebiete errichtet hat.

Der Konflikt, der mittlerweile 140 Todesopfer gefordert hat, verstärkt sich fast täglich. PKK-Kommandant Cemil Bayık drohte am Wochenende mit Angriffen auf Städte. Wenn die Armee weiter gegen Kurden vorgehe, „werden wir der Guerilla befehlen, in die Städte zu gehen“, sagte er in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“. Bayık gilt hinter Abdullah Öcalan, dem seit mehr als 15 Jahren inhaftierten Führer, als Nummer zwei der Organisation.

Seit die türkische Führung den Friedensprozess mit den Kurden Ende Juli für beendet erklärt hat, verstärken sich die Auseinandersetzungen. Die türkische Luftwaffe fliegt derzeit regelmäßig Angriffe gegen PKK-Stellungen sowohl im Inland als auch im Nordirak.

Warnung vor Bürgerkrieg

Der gemäßigte kurdische Oppositionspolitiker Selahattin Demirtaş warnte am Wochenende vor einem Bürgerkrieg. Er rief die PKK-Kämpfer auf, ihre Aktivitäten einzustellen und ihre Waffen abzugeben. Es könne „kein Wenn oder Aber geben“. Die PKK müsse zudem die Bombenanschläge beenden. Andernfalls drohe ein „reales und ernstes Risiko eines Bürgerkriegs“. Demirtaş setzt auf eine politische Wende nach den Neuwahlen am 1.November.

Einen einseitigen Waffenstillstand lehnt die PKK-Führung aber ab. Zuvor müsse auch die türkische Seite einen Waffenstillstand verkünden, so der PKK-Kommandant Bayık. Er rief die USA zu einer Vermittlung im Konflikt auf. Sollten sich beide Seiten auf einen Waffenstillstand einigen, könnten Verhandlungen über eine langfristige Lösung stattfinden. Sie müssten auf kurdischer Seite von Öcalan geleitet werden. Bayık sieht die PKK durch die Konfrontation mit türkischen Streitkräften in ihrem Kampf gegen den Islamischen Staat (IS), an dem sie sich im Nordirak und im Südosten der Türkei beteilige, beeinträchtigt. Die Teilnahme der Kurden am Kampf gegen die IS liegt auch im Interesse der USA.

Offiziell gibt es keine Kontakte zwischen den USA und der PKK. Bayık behauptet, dass es Gespräche gebe, die US-Regierung diese aber aus Rücksichtnahme auf Präsident Erdoğan bestreite. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2015)

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