Nach der Sprengstoff-Explosion ist der Baal Shamin Tempel in Palmyra schwer beschädigt. Die Unesco spricht von einem "Kriegsverbrechen".
Die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat einen bedeutenden Tempel in der von ihr besetzten syrischen Oasenstadt Palmyra gesprengt. Der Tempel von Baal Shamin sei mit einer großen Menge Sprengstoff in die Luft gejagt worden, sagte der Direktor der syrischen Antikensammlungen, Maamun Abdulkarim, am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte bestätigte die Zerstörung des Tempels. Das Gebäude sei in großen Teilen zerstört, sagte Abdulkarim. Bei der Explosion sei die sogenannte Cella des Tempels, ihr innerster heiliger Bereich, zerstört worden. Die umgebenden Säulen seien eingestürzt. "Unsere schlimmsten Befürchtungen erfüllen sich gerade", sagte Abulkarim. Der Tempel des Baal Shamin wurde im Jahr 17 errichtet; unter dem römischen Kaiser Hadrian wurde er im Jahr 130 erweitert.
Jihad gegen die Weltkultur
Die Weltkulturerbeorganisation der Vereinten Nationen (UNESCO) stuft die Sprengung der Ruinen als Kriegsverbrechen ein. "Diese Zerstörung ist ein neues Kriegsverbrechen sowie ein riesiger Verlust für das syrische Volk und die Menschheit", sagte UNESCO-Chefin Irina Bokova am Montag. "Die Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden", bekräftigte sie
Mausoleen als Götzendienst
Seit der IS im Mai Palmyra eroberte, gibt es große Sorge um die zum Weltkulturerbe der UNESCO gehörenden antiken Schätze der Stadt. Mehrere Mausoleen und Skulpturen wurden Medienberichten zufolge bereits zerstört und die größeren Ruinen vermint. Die Jihadisten betrachten die Ausstellung von Statuen und die Verehrung von Mausoleen als "Götzendienst".
Abdulkarim berichtete am Sonntag von den Zerstörungen, die der IS in der antiken Stadt angerichtet hatte: Im Juli sei die berühmte Löwenstatue von Athena zerstört worden. Ein Museum sei in ein Gefängnis mit Gerichtssaal umgewandelt worden. Im antiken Theater seien Hinrichtungen vollzogen worden, sagte der Direktor der syrischen Antikensammlungen.
"Perle der Wüste"
International für Entsetzen sorgte in der vergangenen Woche die grausame Hinrichtung des früheren Chef-Archäologen von Palmyra, Khaleed al-Assaad. 40 Jahre hatte der 82-Jährige in der antiken Stätte gearbeit. Er wurde enthauptet, sein Leichnam in den Ruinen von Palmyra aufgehängt. Nach Angaben eines seiner Söhne wurde die Leiche anschließend von IS-Kämpfern zerstückelt.
Das auch als "Perle der Wüste" berühmte Palmyra liegt etwa 210 Kilometer nordöstlich der syrischen Hauptstadt Damaskus. Namentlich erwähnt wurde die Siedlung bereits im 19. Jahrhundert vor Christus als Oase, an der die von der Seidenstraße über die Golfregion in den Mittelmeerraum ziehenden Karawanen Rast machten. Seine volle Blüte erreichte Palmyra in der römischen Zeit, etwa im ersten vorchristlichen Jahrhundert.
Die Jihadisten sprengten den Baal-Tempel in der zentralsyrischen Oasenstadt. Das antike Monument dürfte nicht das Letzte sein, das die Fanatiker zerstören, da es den Islam verletze.
Der vom IS ermordete ehemalige Chef-Archäologe in Palmyra arbeitete jahrzehntelang mit dem deutschen Archäologen Andreas Schmidt-Colinet zusammen: Dieser erzählte der „Presse“ vom „Grandseigneur“ der Wüstenstadt.
Erstmals seit zwei Jahren stimmte der UN-Sicherheitsrat dafür, die Friedensgespräche in Syrien wieder aufzunehmen. Auch Russland war für die Vorschläge des Sondergesandten de Mistura.