Premiers von Serbien und Albanien attackieren Kommissar Hahn

Serbiens Premier Aleksander Vucic
Serbiens Premier Aleksander Vucic(c) REUTERS
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Die Premierminister Serbiens und Albaniens forderten mehr Unterstützung von der EU. Die EU werde als Bank gesehen, konterte EU-Kommissar Hahn.

Beim Civil Society Forum als Begleitprogramm zur Westbalkan-Konferenz sollten Bürger der betroffenen Länder ins Gespräch mit den Amtsträgern kommen. Viel Zeit dafür blieb Mittwochabend in der ehemaligen Ankerfabrik in Wien-Favoriten nicht. Heiß her ging es dafür zwischen den Ministern der Region und EU-Kommissar Hahn.

Am Rande der Westbalkankonferenz, die Bundeskanzler Werner Faymann am Donnerstag eröffnete, hatten die Erste Stiftung, die deutsche Friedrich-Ebert-Stiftung sowie das Renner-Institut vier hochrangige Regierungsvertreter aus Albanien, Serbien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro sowie EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn zur Diskussion geladen.

"Können sagen, was die Kommission tun soll"

Der Premierminister Serbiens und sein albanischer Amtskollege Edi Rama nutzten das Podium für scharfe Angriffe auf EU-Kommissar Hahn. "Wir müssen nicht extra nach Wien kommen, um mit der Zivilgesellschaft zu sprechen, das machen wir die ganze Zeit", sagte etwa Rama. "Aber wir können ihm sagen, was die EU-Kommission tun soll", fuhr er an Hahn gewandt fort. Die Menschen würden endlich Verbesserungen in ihren Lebensbedingungen sehen wollen. Das sei budgetmäßig für die EU "Nichts Komma irgendwas", aber es würde "Hoffnung in die Region bringen", so Rama, der auf einen Kurs nach Europa drängte. "Wir wollen zumindest ein "E" sein, das "U" wird dann irgendwann folgen". Gegenwärtig hat Albanien den Status eines Beitrittskandidaten. "Kandidat, das heißt: 'ich will heiraten, aber niemand will mich heiraten'", sagte Rama dazu.

Er habe das Gefühl die EU werde lediglich als "eine Bank gesehen, die Geld auszahlt", konterte Hahn. "Aber es ist mehr als das, es geht um gemeinsame Werte". "Wir wollen euer Geld nicht, ich habe die EU nicht um einen einzigen Euro gebeten. Alles was wir brauchen, ist eure politische Unterstützung", gab Vucic zurück. Serbien hat bereits vor knapp zwei Jahren offiziell Beitrittsgespräche aufgenommen, wartet aber weiter auf die Eröffnung des ersten Verhandlungskapitells mit der EU.

"Ich habe Ihnen auch gesagt, dass wir kein EU-Geld zur Bewältigung der Migrationskrise brauchen", leitete Vucic zum Flüchtlingsthema über. "Wir schaffen das alleine". Zudem würde Serbien die Schutzsuchenden wesentlich besser behandeln als "so manche EU-Staaten", fügte er hinzu. "Wir registrieren mehr als 90 Prozent von ihnen und in unserem Land hat es bisher noch keine Angriffe auf sie gegeben - das ist nicht überall so", sagte der serbische Premier in Anspielung auf die Situation in Griechenland, Italien und Deutschland.

Lösung ist "wirtschatlicher Fortschritt"

Allerdings werde niemand die Abwanderung junger Leute stoppen können, merkte Vucic hinsichtlich der hohen Zahl an Asylanträgen von Menschen aus Westbalkanstaaten vor allem in Deutschland an. "Sie werden immer dorthin gehen, wo sie sich am besten fühlen." Eine EU-weite Liste sicherer Herkunftsstaaten, wie sie die EU-Kommission gerade ausarbeitet, könne jedenfalls "keine Lösung" sein, pflichtete ihm der montenegrinische Außenminister Igor Luksic bei. "Die Lösung ist wirtschaftlicher Fortschritt" und das sei ohne EU-Unterstützung "unmöglich".

Was die Vertreter der Zivilgesellschaft betrifft, so wollen sie am Donnerstag jedenfalls noch einmal versuchen, Gehör zu finden. Im Rahmen der Westbalkankonferenz wollen sie den Regierungschefs der Region, Deutschlands und Österreichs sowie EU-Vertretern ihre Forderungen übergeben - für die nationale und die europäische Ebene.

(APA/Red.)

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