Griechenland: Tsipras muss um seine Macht zittern

(c) REUTERS (ALKIS KONSTANTINIDIS)
  • Drucken

In ersten Meinungsumfragen schmilzt der Vorsprung von Syriza vor den Konservativen. Die Griechen wählen am 20. September ein neues Parlament.

Athen. Mit der Angelobung der Übergangsregierung der Höchstrichterin Vasiliki Thanou befindet sich Griechenland, nach einer Woche quälender Hahnenkämpfe der Parlamentsparteien, endgültig im Wahlkampf für die zweiten Parlamentswahlen dieses Jahres am 20. September 2015. Gleichzeitig mit der Rückkehr von Premier Alexis Tsipras in die Parteizentrale seines Radikalen Linksbündnisses Syriza wurde eine erste Meinungsumfrage veröffentlicht, die herbe Stimmeinbußen für die Regierungspartei zeigt. Andere Umfragen am Wochenende werden folgen und weitere Aufschlüsse erlauben.

Nach der in der linken „Zeitung der Redakteure“ veröffentlichten Umfrage erhält Syriza 23 Prozent der Stimmen, knapp gefolgt von der konservativen Nea Dimokratia mit 19,5 Prozent. Ende Juli lag Syriza noch über 30 Prozent, mit großem Vorsprung auf die Konservativen. Der Abstand scheint also zu schrumpfen. Kader von Syriza weisen allerdings auf die große Zahl von Unentschlossenen hin, über 25 Prozent – viele davon dürften Syriza-Wähler sein, die von der Spaltung ihrer Partei irritiert sind.

Rechte Anel zertrümmert

Auf einer Parteikonferenz am Sonntag will Syriza das Wahlprogramm vorstellen und die Wahllisten vorbereiten. Man wird argumentieren, dass das dritte griechische Rettungspaket, das Tsipras auf Druck der internationalen Gläubiger unterschreiben musste, besser als die vorhergegangenen sei. Konzentrieren wird man sich auf die Geißelung von Korruption und Schattenwirtschaft, um sich vom alten Parteiensystem abzuheben.

Niederschmetternd sind die ersten Umfrageergebnisse für den Koalitionspartner von Syriza, die rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen. Momentan liegt Anel laut Umfrage bei lediglich zwei Prozent der Stimmen und würde damit den Einzug ins Parlament verpassen, denn die Hürde liegt bei drei Prozent. Die Partei, die aus einer Abspaltung der Konservativen entstanden ist, hat nach der Zustimmung zum dritten griechischen Rettungspaket mehr oder weniger ihre Existenzberechtigung verloren.

Ein Teil der Stimmen könnte zur Nea Dimokratia zurückwandern oder der rechtsradikalen Goldenen Morgenröte zufallen, die laut Umfrage mit 6,5 Prozent der Stimmen an dritter Stelle rangiert. Tsipras hat diese Woche bereits versucht, seinem Partner zu helfen: In einem TV-Interview erklärte er, dass er nur mit der rechten Anel koalieren will.

Die neue Partei von Panagiotis Lafazanis liegt in der ersten Umfrage nach ihrer Gründung bei 3,5 Prozent. Sie dürfte also keine Schlüsselrolle im neuen Parlament spielen, könnte Syriza jedoch wichtige Stimmen kosten. Lafazanis ist ein Verfechter des Ausstiegs aus der Eurozone und schwimmt damit gegen den Wählerstrom.

Allerdings zeigten sich bei der ersten Umfrage über 50 Prozent der Befragten mit dem Verhandlungserfolg von Syriza gegenüber den Gläubigern unzufrieden. Die Konservativen befinden sich nach dem Rücktritt von Ex-Ministerpräsidenten Antonis Samaras nach der Niederlage bei der Volksabstimmung vom 5. Juli in einer Übergangsphase. Auf einem Parteitag im Herbst soll der neue Parteiführer gewählt werden. Interimschef Evangelos Meimarakis ist bemüht, die Partei wieder in die Mitte zurückzuführen. Samaras hat im Jänner 2015 die Partei mit einem patriotischen Wahlkampf nach rechts gerückt.

Pasok schwächelt weiter

Die sozialistische Pasok liegt in der ersten Umfrage mit der neuen Parteichefin, Fofi Gennimata, mit 4,5 Prozent der Stimmen in etwa beim schwachen Ergebnis der Jänner-Wahlen. Gennimata überlegte eine Zusammenarbeit mit der neuen Partei von Ex-Pasok-Ministerpräsident Giorgios Papandreou, forderte jedoch dem Vernehmen nach deren Auflösung und seinen Verzicht auf eine Kandidatur. Darauf wollte Papandreou nicht einsteigen. Potami, eine weitere Partei der linken Mitte, liegt laut Umfrage bei etwa vier Prozent, würde also den Einzug ins Parlament schaffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Griechenland: Neuwahlen am 20. September fixiert

Das Parlament ist aufgelöst. Am 20. September wird im Krisenstaat zur Urne geschritten. Die linksradikale Syriza führt in Umfragen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.