Botschafterkrieg in Südamerika

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Venezuela/Kolumbien. Der Grenzkonflikt eskaliert. Beide Regierungen zogen ihre Botschafter aus Caracas respektive Bogotá ab.

Buenos Aires. Zehn Tage nach der Schließung der Grenzübergänge hat sich der Grenzdisput zur regionalen Krise ausgewachsen. In der Nacht auf Freitag rief Kolumbiens Präsident, Juan Manuel Santos, den kolumbianischen Botschafter aus Caracas zurück nach Bogotá. Venezuelas Staatschef, Nicolás Maduro, revanchierte sich postwendend, auch Venezuelas Botschafter in Bogotá musste heim.

Kolumbiens Präsident, der seit der Ausrufung des Ausnahmezustands in fünf venezolanischen Landkreisen vor einer Woche versucht hatte, die Wogen zu glätten, verlor nun offenbar die Geduld. Am Mittwochabend hatten die Chefdiplomatinnen beider Länder im kolumbianische Cartagena konferiert und mehrere Schritte zur Deeskalation beschlossen. Nach Abschluss der Gespräche hatte sich Kolumbiens Außenamtschefin, María Ángela Holguín, zuversichtlich gezeigt.

Doch tags darauf mussten die Kolumbianer feststellen, dass sich Venezuela nicht an die Absprachen hielt. So konnte der kolumbianische Volksanwalt Jorge Armando Otálora nicht nach Venezuela einreisen, um sich dort um die Habseligkeiten jener kolumbianischer Familien zu kümmern, die von Venezuela nun, unter teilweise massiver Gewaltausübung, ausgewiesen wurden. Seit dem Wochenende durchkämmen venezolanische Polizisten und Nationalgardisten die Armenviertel in den grenznahen Orten des Staats Táchira. In diesen Barrios, die zumeist vom Benzin- und Lebensmittelschmuggel nach Kolumbien leben, vermuten die venezolanischen Behörden auch Verstecke von eingesickerten rechten Paramilitärs. Mehr als 100 solcher Kämpfer wären den Behörden im Lauf der letzten zwölf Monate in die Fänge gegangen, gab Präsident Maduro an. Gleichzeitig erwähnte er nicht, dass auch linke kolumbianische Guerilleros unbehelligt die Grenzflüsse queren. So ist bekannt, dass der Farc-Führer Iván Márquez seit Jahren aus Venezuela operiert.

Ablenkung von Wahlen?

Weil Präsident Maduro alle Anrufe seines kolumbianischen Amtskollegen unbeantwortet gelassen hat, vermutet das venezolanische Oppositionsbündnis MUD, dass Maduro den Konflikt aufbausche, um einen Vorwand für die Verschiebung der Parlamentswahlen am 6.Dezember zu schaffen. Angesichts der akuten Versorgungskrise droht den Chavisten eine deftige Niederlage. (a.f.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2015)

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