Ukraine: Wien soll Vermögen von Oligarch beschlagnahmen

Serhij Kljujew auf einem Archivbild
Serhij Kljujew auf einem ArchivbildAPA
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Der Unternehmer und Politiker Serhij Kljujew ist derzeit untergetaucht. In der ukrainischen Anfrage geht es um ein Konto und ein Wertpapierdepot bei der Bank Austria.

Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft verschärft die Gangart gegen den seit Anfang Juni flüchtigen Abgeordneten Serhij Kljujew und strebt nunmehr auch die Beschlagnahmung von Kljujews Bankkonto und Wertpapierdepot in Österreich an. Ein diesbezügliches ukrainisches Rechtshilfeansuchen vom 14. Juli sei kürzlich in Wien eingelangt, bestätigt die Staatsanwaltschaft Wien der APA.

Der Parlamentsabgeordnete Serhij Kljujew, der im Oktober 2014 als unabhängiger Kandidat erneut ins Parlament in Kiew gewählt worden war, hatte am 3. Juni 2015 seine parlamentarische Immunität verloren und sich einer wahrscheinlichen Festnahme durch Flucht entzogen. Unbestätigten Medienberichten zufolge soll er sich in Russland aufhalten.

Firmenzentrale in Wien

Die Generalstaatsanwaltschaft in Kiew wirft dem ehemaligen Spitzenvertreter von Viktor Janukowitschs "Partei der Regionen" Wirtschaftsverbrechen und Amtsvergehen in den Jahren von 2007 und 2010 vor - für Kljujew gilt die Unschuldsvermutung. Eine zentrale Rolle bei den Vorwürfen spielen Vermögenstransfers zum österreichische Firmenimperium von Serhij und Andrij Kljuew: Den aus Donezk stammenden Brüdern gehören je 50 Prozent der SLAV Handel, Vertretung und Beteiligung AG (SLAV Handel AG) in Wien, die ihrerseits Firmenbeteiligungen, insbesondere in der Ukraine, besitzt.

Im Zusammenhang mit dem ukrainischen Strafverfahren gegen Serhij Kljujew richtete die Generalsstaatsanwaltschaft in Kiew am 14. Juli 2015 ein Rechtshilfeansuchen an die "kompetenten Organe der Republik Österreich": Die Anklagebehörde ersucht um die Beschlagnahmung eines Bankkontos von Serhij Kljujew bei der UniCredit Bank Austria AG in Wien sowie von Kljujews Aktien der SLAV Handel AG, die sich in einem Wertpapierdepot in der selben Bank befinden. Grundlage für das Rechtshilfeansuchen ist die Entscheidung eines Kiewer Untersuchungsrichters vom 6. Juli 2015, der die Beschlagnahmungen befürwortet hatte.

Wegen EU-Sanktionen eingefroren

Derzeit ist das Vermögen von Serhij Kljujew in der Europäischen Union noch durch jene EU-Sanktionen eingefroren, die im März 2014 gegen Spitzenvertreter des Janukowitsch-Regimes erlassen wurden und seitdem mehrmals verlängert worden sind. Sowohl Serhij, als auch sein Bruder Andrij sind weiterhin von diesen Maßnahmen des EU-Rates betroffen. Andrij Kljujew hatte im Februar 2014 als letzter Chef der Präsidentschaftskanzlei von Viktor Janukowitsch amtiert und die Ukraine bereits unmittelbar nach dem Machtwechsel in Kiew verlassen.

Serhij Kljujews Anwalt in Österreich, Richard Soyer, konnte gegenüber der APA das Einlangen des ukrainischen Rechtshilfeansuchen nicht bestätigen und beklagt, dass Akteneinsicht verwehrt werde. "Wie auch immer geartete Rechtshilfebemühungen der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft in Bezug auf Serhij Kljujew sind politisch motiviert", erklärt der Anwalt und begründet dies mit der Ansicht des ukrainischen Parlamentariers Pawlo Pynsenyk. Dieser Vizevorsitzende des für Immunitätsfragen zuständigen Parlamentsauschusses in Kiew hatte Ende Mai 2015 die Vorwürfe der Generalstaatsanwaltschaft gegen Serhij Kljujew als "nicht ausreichend begründet" bezeichnet.

Freilich sah dies eine deutliche Mehrheit im ukrainischen Parlament wenige Tage später anders: Am 3. Juni 2015 stimmten 287 von 322 anwesenden Volksvertretern für die Aufhebung von Kljujews parlamentarischen Immunität und ermöglichten damit die nunmehrige strafrechtliche Verfolgung des Politikers.
Alternative Schreibweisen Sergej Kljujew, Andrej Kljujew

(APA)

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