Deutschland habe syrischen Flüchtlingen mit Aussetzung der Dublin-Regelung falsche Hoffnungen gemacht. Hunderte Menschen hätten sich daher ohne Registrierung an den Bahnhöfen gesammelt.
Ungarn erlaubte am Montag hunderten Flüchtlingen mit gültigen Dokumentern und Zugtickets mit dem Zug vom Budpaster Ostbahnhof aus nach Wien und München zu fahren. Die ungarische Polizei hatte sich laut ungarischen Medienberichten bereits Montagvormittag vom Budapester Ostbahnhof zurückgezogen, wo sie bisher Flüchtlinge davon abgehalten hatte, Züge in Richtung Österreich und Deutschland zu besteigen. Ungarn habe den Schritt mit Personalknappheit und daraus resultierender Gefährdung der diensttuenden Beamten begründet, berichtet die APA.
Zuvor war es zu einer Auseinandersetzung zwischen Deutschland und Ungarn über die Registrierung der Flüchtlinge gekommen. Budapest warf der Regierung in Berlin vor, Sonderzüge für den Transport nach Deutschland bereit gestellt zu haben, für die sich Flüchtlinge in Ungarn nicht registrieren lassen müssten. Damit habe Deutschland bei den syrischen Flüchtlingen enorme Hoffnungen geweckt. Es habe zudem dazu geführt, dass sich eine wachsende Zahl an Flüchtlingen, die in Ungarn als Asyl-Bewerber registriert sind, aber nach Deutschland wollen, auf ungarischen Bahnhöfen aufhalten.
Deutschland: "Keine Sonderzüge"
In den vergangenen Tagen hatte Berlin nämlich die Regelung ausgesetzt, dass Flüchtlinge aus Syrien wieder in das Land der Erstregistrierung in der EU zurückgebracht werden müssen. Die ungarische Regierung forderte Deutschland daher auf, rechtliche Klarheit zu den Reisen von Flüchtlingen innerhalb der EU zu schaffen. "Im Interesse der Aufhebung der undurchschaubaren und widersprüchlichen Umstände bitten wir Deutschland, die rechtliche Lage zu klären", sagte Zoltán Kovács, ein Sprecher der ungarischen Regierung. Nach Schengen-Regeln dürften Flüchtlinge aus Ungarn nur mit gültigen Reisedokumenten und mit einem Visa des Ziellandes ausreisen, erklärte der Regierungssprecher. "Jene, die am Budapester Ostbahnhof verlangen, von uns weitergelassen zu werden, fordern etwas, das auf Grund der heutigen EU-Regelungen nicht möglich ist."
Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert dementierte unterdessen auf Twitter das Gerücht spezieller Züge für Flüchtlinge. Asylsuchende müssten sich in Ungarn registrieren lassen und auch Asylverfahren seien dort durchzuführen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach bei der traditionellen Sommerpressekonferenz in Berlin inzwischen von einem "Missverständnis". Sie habe bereits Kontakt zur Regierung in Ungarn aufgenommen.
"Ungarn hält sich an seine Verpflichtungen"
Wahrscheinlich auch im Hinblick auf Seitenhiebe des französischen Außenministers Laurent Fabius, verteidigte Kovács die Maßnahmen der ungarischen Regierung. Ungarn käme mit seinen Grenzkontrollen und dem Bau des Zaunes an der serbisch-ungarischen Grenze nur seinen Verpflichtungen und EU-Rechtsvorschriften nach. Es verteidige damit nicht nur seine eigene, sondern auch die EU-Außengrenze. Zugleich forderte er ein "möglichst schnelles, einheitliches europäisches Auftreten in der Frage der Migrationskrise". Solange dies nicht geschehe, werde Ungarn "alles für den Schutz der Schengen-Grenzen tun, und wird dafür sorgen, dass die Ordnung an den Grenzen wiederhergestellt wird", meinte Kovács.
Auch zu den Kontrollen Österreichs am Grenzübergang Nickelsdorf-Hegyeshalom, der am Montag langen Stau verursachte, äußerte sich der Regierungssprecher: "Was an der ungarischen Westgrenze bei Hegyeshalom geschieht, beweist, dass kein europäisches Land es zulassen wird, dass illegale Migranten – unter ihnen auch Flüchtlinge – sein Territorium unkontrolliert betreten."
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(APA/Reuters/red.)