Ungarische Polizei räumt ersten Flüchtlingszug

Migrants storm into a train at the Keleti train station in Budapest, Hungary
Migrants storm into a train at the Keleti train station in Budapest, HungaryREUTERS
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Im Glauben nach Österreich oder Deutschland zu kommen, hatten Flüchtline einen Sonderzug in Budapest gestürmt. Der Zug fuhr nur bis zum Auffanglager in Bicske, wo die Polizei den Zug räumte.

Ungarische Polizisten weisen Flüchtlinge im Budapester Vorort Bicske an, einen Zug Richtung Sopron an der österreichischen Grenze zu verlassen, berichtet Reuters. Die aus dem Zug gebrachten Flüchtlinge versuchten sich zu wehren. Sie schlugen gegen die Fenster und riefen "Kein Lager, kein Lager", wie ein Reuters-Reporter beobachtet. Rund 50 Polizisten standen entlang des Zuges. Ein erster Waggon wurde von der Polizei geräumt, die fünf weiteren waren voller Menschen. In Bicske gibt es ein Auffanglager für Flüchtlinge.

Der Sonderzug fuhr Donnerstagvormittag vom Budapester Ostbahnhof in Richtung Österreich ab. Ursprünglich hieß es er soll die Flüchtlinge über Sopron nach München bringen. Einige wenige Migranten kurz vor Abfahrt noch panisch ab, weil das Gerücht die Runde gemacht hatte, der Zug würde sie in ein Flüchtlingslager in Ungarn bringen - das Gerücht dürfte der Wahrheit entsprochen haben. Die übrigen Flüchtlinge an Bord klatschten jedoch laut, als die Garnituren sich in Bewegung setzten. Gezogen wurden sie von einer Sonderlokomotive, die an das 25-jährige Jubiläum des paneuropäischen Picknicks in Sopron 2014 erinnerte.

Offiziell sei man von Ungarn nicht über den Zug informiert worden. "Es wäre kein Problem, wenn der Zug ganz normal nach Hegyeshalom fahren würde, erklärte ÖBB-Sprecher Michael Braun. "Dort befinden sich auch unsere Railjets, die Fahrgäste könnten ganz normal umsteigen. Warum der Zug jetzt nach Sopron fährt, wissen wir nicht. Ein Planbetrieb über Hegyeshalom wäre eine gute Idee gewesen", sagte Braun.

Hunderte Flüchtlinge hatten den Zug bereits in den Morgenstunden gestürmt. Ein zweiter war am gegenüberliegenden Gleis bereitgestellt worden. Auch er soll laut Mitarbeitern der ungarischen Bahn Richtung Sopron fahren. Die Polizei hinderte die Menschen allerdings vorerst am einsteigen.

Chaos am Bahnhof nach Öffnung

Die ungarische Polizei hatte sich am Donnerstag in der Früh vom Ostbahnhof zurückgezogen. Mehr als 1000 Flüchtlinge strömten nach 8 Uhr in das Innere des Bahnhofs. Dort hatten am Mittwoch rund 3.000 Flüchtlinge ausgeharrt, um über Österreich nach Deutschland zu gelangen, wie es am Montag bereits möglich war. Einige wenige Polizisten nahmen vor den Gleisen mit Helm und Schlagstöcken Aufstellung, griffen vorerst aber nicht ein. 

Chaotische Szenen spielten sich ab. Hunderte versuchten verzweifelt, in den einen Sonderzug zu gelangen. Eltern drängten ihre Kinder in der Hoffnung auf eine Weiterreise durch Fenster und Türen in die Wägen. Zuerst hatten Gerüchte die Runde gemacht, der von den Flüchtlingen gestürmte Zug, werde nach Deutschland fahren.

Flüchtlinge versuchten ihre Kinder in die Züge zu drängen.
Flüchtlinge versuchten ihre Kinder in die Züge zu drängen.REUTERS
Flüchtlinge stürmten einen Sonderzug.
Flüchtlinge stürmten einen Sonderzug.REUTERS

ÖBB rät von Zugreisen nach Ungarn ab

Die Züge von Österreich nach Ungarn fahren derzeit nur bis Hegyeshalom an der österreich-ungarischen Grenze, so ÖBB-Sprecher Michael Braun. Railjets, die von Wien zum Grenzbahnhof fahren, müssen dort wenden, weil sie "von den Kollegen der ungarischen Bahn nicht übernommen werden". Auch Garnituren aus Tschechien und der Slowakei dürfen nur bis zur Grenze fahren. „Wir raten unseren Fahrgästen daher derzeit von Reisen nach Ungarn ab. Betroffene können ihre Tickets an den ÖBB Ticketschaltern erstatten lassen“, informierte Braun.

Unverschiebbare Reisen in Richtung Ungarn können nach Angaben der ÖBB aber wie folgt abgewickelt werden: Mit „Railjets“ bis zum Grenzbahnhof Hegyeshalom, dort umsteigen auf den ungarischen IC (Intercity) nach Györ, von dort weiter mit IC (Intercity) nach Budapest. Diese Fahrt wird nach Angaben der ÖBB rund eine Stunde länger dauern als üblich. „In umgekehrter Richtung ist die Verbindung aus aktueller Sicht nicht planbar“, sagte Braun. Wesentlich für die weitere Entwicklung seien „die Entscheidungen der ungarischen Polizei und der ungarischen Bahn".

Orban bittet EU um Hilfsgelder

Heute reist Ungarns Premier Viktor Orban nach Brüssel, um über mögliche Lösungen in der Migrationskrise zu beraten. Er trifft sich dort mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Ungarn möchte laut Kommission eine Nothilfe von acht Millionen Euro erhalten, um ankommende Flüchtlinge zu versorgen. In einem Gasbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" äußerte sich Orban am Donnerstag allerdings höchst kritisch über die Flüchtlingspolitik der EU.

Soll Österreich die Flüchtlinge aus Ungarn unkontrolliert nach Deutschland durchreisen lassen?

(APA)

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