Guatemalas Präsident trat zurück – ihm droht Haft

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Der in einen Korruptionsskandal verwickelte Ex-General Otto Pérez Molina muss sich nun den Richtern stellen. An diesem Sonntag finden im zentralamerikanischen Land Neuwahlen statt. Der Ausgang ist völlig offen.

Buenos Aires. Er hatte sich lang geweigert. Am Donnerstag ist Guatemalas Präsident, Otto Pérez Molina, doch zurückgetreten. Dem Ex-General, der knapp vier Jahre an der Spitze des mittelamerikanischen Staats gestanden ist, wird vorgeworfen, eine führende Rolle in einem Korruptionsnetzwerk gespielt zu haben, das bei den Zollbehörden des armen Landes Millionen abgezweigt haben soll.

Pérez Molinas Situation hatte sich schrittweise verschlechtert. Vor zwei Wochen beschuldigte die Generalstaatsanwältin den Präsidenten, er sei der Kopf des Korruptionsschemas gewesen. Darauf verlor der konservative Politiker sämtlichen politischen Rückhalt, vorigen Dienstag votierten alle 120Kongressabgeordneten dafür, Pérez Molina die Immunität zu entziehen. Und als Mittwoch schließlich ein Haftbefehl ausgestellt wurde, versicherten die Anwälte des Beschuldigten, dass der Staatschef nicht zurücktreten würde. In der Nacht darauf geschah das dann doch. Nun soll der Vizepräsident Alejandro Maldonado das Land regieren, bis die Amtsschärpe im Jänner einem neuen Präsidenten übergestreift wird. Die Wahl findet an diesem Sonntag statt.

Der Rücktritt des Präsidenten wurde seit Monaten gefordert. Regelmäßig marschierten Zehntausende über Straßen und Plätze eines Landes, das seiner Eliten überdrüssig geworden ist. Nach dem Ende des jahrzehntelangen Bürgerkriegs konnten sich Kräfte des einstigen Sicherheitsapparats in allen Schaltstellen des Landes einnisten und ein parasitäres Parallelsystem installieren, das systematische Korruption ebenso ermöglicht wie Abschirmung der Täter.

Die Wut eskalierte, als im April „La linea“ publik wurde. Eine abgehörte Telefonleitung, die direkt in den Präsidentenpalast führte. Angeschoben wurden die Ermittlungen von der UN-unterstützten Internationalen Kommission gegen die Straflosigkeit, CICIG. Während sich auf den Straßen ein neuer Schulterschluss zwischen Linken und der bisher stillhaltenden Mittelklasse ergab, entblätterten die Ermittler das Kartell im Machtzentrum. Im Mai trat Vizepräsidentin Roxana Baldetti zurück, vor zwei Wochen wurde sie verhaftet. Inzwischen stehen zwölf Verdächtige der Zoll-Causa unter Arrest.

14 Kandidaten wollen antreten

Wie sich die jüngste Zuspitzung auf die Wahlen zu Präsidentschaft, Abgeordnetenhaus und Bürgermeistern auswirken werden, ist zunächst noch unklar. 14 Kandidaten bewerben sich um das höchste Staatsamt, darum ist es kaum wahrscheinlich, dass einer schon am Sonntag die 50-Prozent-Mehrheit erringen wird. In den Umfragen führt mit etwa 25 Prozent der TV-Komiker Jimmy Morales. Seinen Erfolg verdankt er – neben seinem Bekanntheitsgrad aus dem Fernsehen – der Tatsache, dass er bisher keine Verbindung zum traditionellen Establishment hat. Anders sein Hauptkonkurrent, der Unternehmer Manuel Baldizón. Dieser hatte die Umfragen lang angeführt, doch musste er miterleben, wie der Korruptionsskandal auch seine Chancen reduzierte. Die Sozialdemokratin Sandra Torres, Witwe des Ex-Präsidenten Álvaro Colom, kam in einer der Umfragen auf 18 Prozent. Gleich viele Befragte wollten sich aber vorerst noch nicht festlegen, weshalb mit Überraschungen zu rechnen ist. Eine Stichwahl ist für den 25.Oktober vorgesehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2015)

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