Iran-Abkommen: Eigentorlawine der Republikaner

Senator Dick Durbin (D-IL)(R) holds a copy of the letter Senate Republicans sent to Iran as he and Senate Minority Leader Harry Reid (D-NV) speak after a vote failed to advance debate on a nuclear agreement with Iran, in Washington
Senator Dick Durbin (D-IL)(R) holds a copy of the letter Senate Republicans sent to Iran as he and Senate Minority Leader Harry Reid (D-NV) speak after a vote failed to advance debate on a nuclear agreement with Iran, in Washington(c) REUTERS (JOSHUA ROBERTS)
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Amerikas Konservative konnten die Übereinkunft über Teherans Atomprogramm nicht stoppen und steuern auf das nächste selbst verursachte Fiasko zu.

Washington. Barack Obama muss also nicht die Veto-Füllfeder zücken: Am Mittwoch verhinderte die qualifizierte Sperrminderheit von 42Demokraten gegen alle 54Republikaner sowie vier Demokraten, dass der US-Kongress das Wiener Abkommen über die Eindämmung des iranischen Nuklearprogramms aufhält. Somit haben die Demokraten ihren Präsidenten vor der unangenehmen Lage bewahrt, ein Gesetz, das die Teilnahme der USA an dem internationalen Abkommen verhindert hätte, per Federstrich abwehren zu müssen. Die Übereinkunft zwischen dem Iran einerseits sowie den USA, Großbritannien, China, Deutschland, Frankreich und Russland andererseits tritt nun am 19.Oktober in Kraft, 90Tage nach der Zustimmung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

Weniger Uran, kein Plutonium

Der Iran muss dann nachweisbare Schritte unternehmen, um seine Vorräte an angereichertem Uran um 98 Prozent von rund zwölf Tonnen auf 300 Kilogramm verringern. Zu diesem Zweck wird er das Uran exportieren müssen – wohin, ist noch offen.

Der Iran darf außerdem nur 5060 seiner 13.000 Zentrifugen behalten, mit denen das Uran angereichert wird. Die unterirdische Anlage Fordo, wo dies vonstattengeht, muss zu einer reinen Forschungseinrichtung abgerüstet werden.

Vor allem muss Teheran den Schwerwasserreaktor in Arak stilllegen. Das verhindert die Herstellung atomwaffenfähigen Plutoniums und ist, wie Siegfried S. Hecker, früherer Leiter des Atomwaffenlabors in Los Alamos neulich zur „New York Times“ sagte, „ein unglaublich großer Durchbruch“.

Im Gegenzug werden die USA und die Europäische Union am 19.Oktober ihre an das iranische Atomwaffenprogramm geknüpften Sanktionen aufheben. 125 Milliarden Dollar (111Milliarden Euro) gesperrter iranischer Vermögen werden freigegeben, Teheran wird allerdings laut dem US-Finanzministerium unmittelbar nur auf weniger als 60 Milliarden Dollar zugreifen können, denn der Rest ist bereits für Investitionsprojekte mit China und das Abschreiben uneinbringlicher Kredite iranischer Staatsunternehmen verbucht. Der vom Atomprogramm unabhängige Iran Sanctions Act aus dem Jahr 1996, eine Reaktion auf iranische Terrorakte weltweit, bleibt hingegen in Kraft. Somit wird es US-Firmen weiterhin verboten sein, mehr als 20 Millionen Dollar in iranische Energieprojekte zu investieren.

Boehner ist Geisel seiner Partei

John Boehner, der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, erklärte zwar, er werde „jedes Werkzeug, das uns zur Verfügung steht, dazu verwenden, die volle Umsetzung dieses Abkommens zu stoppen, zu verlangsamen und zu verzögern“. Doch dafür wird er wenig Zeit haben. Denn am 30.September läuft das Haushaltsjahr aus. In den verbleibenden neun Sitzungstagen muss das Abgeordnetenhaus die Finanzierung der US-Regierung im nächsten Budgetjahr beschließen. Am äußerst rechten Rand des 246-köpfigen republikanischen Klubs hat sich heuer der sogenannte Freedom Caucus formiert, dessen 42 Mitglieder einem Budget nur zustimmen wollen, wenn es keine Zuschüsse für Planned Parenthood umfasst, eine Organisation, die junge und arme Frauen in Gesundheitsfragen unterstützt. Planned Parenthood bietet auch Schwangerschaftsabbrüche an, und dass die abgetriebenen Föten der medizinischen Forschung zur Verfügung gestellt werden, hat den Zorn dieser Politiker erweckt.

Boehner hat somit ohne die Hilfe der Demokraten keine Mehrheit, um zum zweiten Mal binnen zweier Jahre das Zusperren der Regierung zu verhindern. Unmittelbar vor dem Präsidentschaftswahljahr wäre es dem Argument der Republikaner, sie würden besser als Obama regieren, nicht zuträglich, wenn sie einen neuen „Shutdown“ verursachten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2015)

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