Australien: Parteifreunde stürzten Abbott

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Kommunikationsminister Malcolm Turnbull löst den unpopulären Premier und konservativen Parteifreund nach nur zweijähriger Amtszeit ab.

Wien/Canberra. Die parteipolitischen Spielregeln in Australien sind mindestens so rau und mitunter so turbulent wie im Mutterland Großbritannien, und so kam das Aus für Premier Tony Abbott zwar plötzlich, aber nicht überraschend. Sieben Monate nach einem nur knapp gescheiterten Misstrauensvotum innerhalb der eigenen konservativen Reihen hatte erst Außenministerin Julie Bishop den Regierungschef unmittelbar nach einer parlamentarischen Fragestunde zum Rücktritt gedrängt, ehe Kommunikationsminister Malcolm Turnbull seinen Rücktritt erklärte – und den Rivalen im Kampf um den Parteivorsitz herausforderte.

Diesmal gelang der Coup in Canberra: 54 Abgeordnete votierten für Turnbull, nur 44 für Abbott, den früheren Priesterseminaristen, dem die Australier den Spitznamen Mad Monk verpassten. Über Nacht bekam das Land, wie es den Usancen entspricht, einen neuen Premier. Der 60-jährige Turnbull löst Abbott nach nur zweijähriger Amtszeit ab und revanchiert sich für eine Niederlage vor sechs Jahren, als er Abbott bei der Wahl zum Parteichef der Liberalen – das ist in Down Under die konservative Partei – mit nur einer Stimme Unterschied unterlag.

Turnbull und Abbott haben eine gemeinsame Vergangenheit als Elitestudenten im englischen Oxford und als Journalisten, der neue Premier hat indes ein weitaus liberaleres Profil. Er gilt als Befürworter der Homosexuellen-Ehe und als ein Verfechter im Kampf gegen den Klimawandel, in der Vergangenheit plädierte er auch für eine Abschaffung der Monarchie. Dies hat ihm in Australien große Popularität eingebracht, nicht aber unbedingt in seiner Partei.

Die Konservativen versprechen sich von dem Multimillionär, einem ehemaligen Investmentbanker und Umweltminister, allerdings eine Kehrtwende. Nach einer Reihe von Steuererhöhungen purzelte die Regierung unter dem als arrogant und abgehoben verschrienen Abbott in ein Tief. In der Außenpolitik machte Abbott als scharfer Kritiker des russischen Präsidenten Putin von sich reden, in der Asylpolitik verfolgte er einen rigorosen Kurs des Aufnahmestopps, bevor er zuletzt die Aufnahme von 12.000 syrischen Flüchtlingen zusicherte. In der schnelllebigen australischen Politik bleibt Turnbull nur wenig Zeit, das Steuer herumzureißen. (vier)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2015)

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