"Islamischer Staat" ist mit jetziger Strategie nicht zu schlagen

Belgische F-16 der internationalen Anti-IS-Koalition
Belgische F-16 der internationalen Anti-IS-Koalitionimago/Xinhua
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Durch die seit mehr als einem Jahr anhaltenden Luftangriffe seien keine entscheidenden Erfolge errungen worden, befindet das Internationale Institut für Strategische Studien in London.

Die brutale Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) ist nach Einschätzung des renommierten Londoner Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS) mit den derzeit gewählten Mitteln nicht zu schlagen. "Die Koalition hat es nicht geschafft, entscheidende Erfolge gegen den IS zu erringen", heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht.

Der IISS-Nahostexperte Emile Hokayem geht davon aus, dass die De-Facto-Teilung Syriens und des Iraks vorerst nicht rückgängig gemacht werden könne. Um die Ausbreitung der IS-Terroristen zu verhindern, müsse der Westen sich aber auch dem syrischen Herrscher Bashar al-Assad entgegenstellen. Genau bei letzterem Punkt ist zuletzt ein Aufweichen der westlichen Anti-Assad-Front zu bemerken: Aus den Regierungen von Staaten wie Deutschland und Spanien, aber auch Österreich hieß es, man müsse Assad ins Boot holen bzw. mit ihm reden. Immerhin stellen die syrische Armee und Luftwaffe trotz allem die wesentlichste Streitmacht gegen die Islamisten dar.

Seit etwa einem Jahr tragen zahlreiche Staaten (darunter die USA, Frankreich, Großbritannien, Belgien, Dänemark, Australien, Jordanien, Saudiarabien, Marokko und seit kurzem auch die Türkei) im Rahmen einer Koalition vorwiegend Luftangriffe gegen den IS im Irak und in Syrien vor. Vereinzelt gibt es Kommandoaktionen mit Spezialtruppen am Boden, die irakische Armee sowie die Kurden werden gegen den IS mit Material, Luftangriffen und Informationen unterstützt.

M109-Panzerhaubitzen der Iraker im Gefecht
M109-Panzerhaubitzen der Iraker im GefechtREUTERS

Allerdings sind die Erfolge bisher höchst überschaubar. Nur geringe Landflächen wurden zurückerobert, dafür eroberte der IS anderswo Gebiete, etwa Palmyra in Syrien. Im IS-Gebiet in Syrien und im Irak um die "Hauptstadt" Rakka zeichnet sich trotz schwerer Verluste (laut westlichen Angaben 15.000 bis 22.000 Mann, mehr als 70 Panzer und hunderte andere Fahrzeuge) nach wie vor kein Machtverlust ab.

"Westen muss Kurden auf seiner Seite halten"

"Die derzeitige Strategie ist höchst fehlerhaft", sagt denn auch der Analyst Hokayem. Um dem IS standzuhalten, sei der Westen auf die Kurden und auf sunnitische Muslime angewiesen. Daher müsse der Westen "politisch tun, was es braucht, um die Kurden auf seiner Seite zu halten." Zusätzlich sei die Hilfe sunnitischer Muslime nötig, um zu verhindern, dass die Terroristen sich weiter in sunnitischen Gebieten ausbreiteten. "Und wenn man sunnitische Araber an Bord holen will, braucht man eine politische und militärische Lösung, um das Schicksal Assads in Angriff zu nehmen", sagte Hokayem. Vor dieser "harten Wahrheit" drücke sich der Westen.

Kurdische Peschmerga mit T-54
Kurdische Peschmerga mit T-54APA/EPA

Auf die Notwendigkeit einer Intervention westlicher Truppen zu Boden ging Hokayem nicht ein, ließ zwischen den Zeilen aber durchklingen, dass es ganz ohne nicht gehen werde. Darauf hatte auch die "Presse" schon im Vorjahr hingewiesen.

IS "anpassungsfähig und robust"

Auf der anderen Seite habe sich der IS, der über geschätzt 25.000 Kämpfer im Irak und in Syrien verfüge, als "anpassungsfähig und robust" erwiesen, heißt es im Bericht. Diese Schätzung über die Mannstärke dürfte indes untertrieben sein, denn die CIA ging zuletzt von mehr als 30.000 aus, der russische Generalstabschef von 70.000 und die Peschmerga sogar von bis zu 200.000, was indes seinerseits deutlich übertrieben scheint. Im Juni tönten IS-Propagandisten von 40.000 Kämpfern und 60.000 "Unterstützern".

Die starke Präsenz des IS in lokalen und internationalen Medien, zu der etwa die brutalen Enthauptungen von Geiseln beigetragen hätten, mache die Gruppe für potenzielle Jihadisten attraktiv, so der IISS-Bericht.

Werbebild des IS
Werbebild des ISREUTERS

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