US-Präsidentenwahl 2016: Carly Fiorina bremst Donald Trump aus

Carly Fiorina
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Die frühere Hewlett-Packard-Chefin überzeugte bei der zweiten republikanischen TV-Debatte mit Klarheit und Nervenstärke und wies den derzeit in den Umfragen führenden Baumilliardär mehrfach in die Schranken.

Nur eine Frau stand auf der Bühne, doch sie bot die überzeugendste Vorstellung: Carly Fiorina, die frühere Vorstandschefin des Computerkonzerns Hewlett-Packard, lieferte in der Nacht auf Donnerstag nach Ansicht vieler Beobachter den stärksten Auftritt bei der zweiten Debatte der Anwärter um die republikanische Kandidatur für die US-Präsidentschaft.

Fiorina schaffte es erstmals, dem rüden Baumilliardär Donald Trump, der bisher in den Meinungsumfragen klar führt, den Wind aus den Segeln zu nehmen. "Ich denke, dass Frauen überall in diesem Land genau gehört haben, was Herr Trump gesagt hat", hielt sie trocken fest, als sie darauf angesprochen wurde, dass Trump vor ein paar Tagen gehöhnt hatte: "Würden Sie so etwas wählen? Können Sie sich unseren nächsten Präsidenten mit so einem Gesicht vorstellen?"

Breitseite auf Trumps schwächste Stelle

Trump versuchte zwar, hochroten Kopfes aus dieser sexistischen Ecke herauszukommen, indem er Fiorina versicherte, sie sei "eine schöne Frau und sehr attraktiv". In einer der nächsten Fragerunden traf sie ihn allerdings an einem seiner schwächsten, bisher von seinen Mitstreitern kaum angegriffenen Punkte: "Sie haben Berge an Schulden aufgehäuft, auch mit dem Geld anderer Leute, und vier Mal Bankrott erklärt. Wieso sollte das amerikanische Volk Ihnen vertrauen, dass Sie dieses Land anders führen würden, als Sie ihre Firmen geführt haben?"

Damit spielte sie auf die Insolvenzen an, in die Trump vier seiner Firmen in den Jahren 1991, 1992, 2004 und 2009 geführt hatte. Dabei handelte es sich der Reihe nach um das Taj-Mahal-Kasino in Atlantic City, das Plaza Hotel in New York, Trump Hotel & Casino Resorts in New Jersey und Trump Entertainment Resorts. In Summe mussten die Gläubiger dieser Firmen Forderungen in Milliardenhöhe abschreiben, Trump selber schaffte es jedes Mal, ohne eigene Haftungen auszusteigen.

Fiorina würde nicht mit Putin reden

Auch in Fragen der Außenpolitik, welche die von CNN veranstaltete, mehr als dreistündige Debatte thematisch dominierte, bot Fiorina Trump gelassen Paroli. Auf die Frage, ob sie der Gedanke beunruhige, dass Trump als Präsident die Finger auf dem sprichwörtlichen roten Knopf für das US-Atomwaffenarsenal hätte, antwortete Fiorina: "Das sollen die Wähler beantworten. Er ist ein wunderbarer Unterhalter. Aber der Charakter und das Temperament jedes einzelnen von uns Kandidaten wird während dieser Kampagne genau geprüft werden."

Auf den Umgang mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin angesprochen erklärte Fiorina, die im Mittelmeer operierende sechste US-Flotte stärken, den unter Präsident George W. Bush in Aussicht genommenen Raketenschutzschirm in Polen zu bauen und "ein paar Tausend zusätzliche Truppen nach Deutschland verlegen" zu wollen. Man merkte ihr an, dass sie sich mit militärischen Experten auf die Debatte vorbereitet und enormes Zahlenmaterial auswendig gelernt hatte. Verhandlungen mit Putin lehne sie ab: "Nachdem ich ihn bereits in der Vergangenheit getroffen habe, würde ich nicht mit ihm reden."

Ob diese Maßnahmen wirksam wären, um Putins expansionistische Avancen in der Ukraine, Syrien und anderswo zu zügeln, ist fraglich. "Die sechste Flotte ist bereits riesig, und es ist schwer zu erklären, wieso es Putin einschüchtern sollte, wenn man ihre Kapazitäten vergrößerte", schrieb Ezra Klein auf der Nachrichtenplattform Vox. "Schließlich hat Amerika schon genug Nuklearwaffen auf Russland gerichtet, um das Land Tausende Male auszulöschen." Zudem sind bereits rund 40.000 US-Soldaten in Deutschland stationiert.

Bush hat gekifft

Der Favorit des republikanischen Parteiestablishments, Präsidentensohn und -bruder Jeb Bush, konnte auch in der zweiten Debatte nicht wirklich überzeugen. Einige Male versuchte er zwar zu belegen, dass er als ehemaliger Gouverneur von Florida die Details komplizierter politischer Dossier beherrscht. Sein einziger ernsthafter Angriff auf Trump fiel matt aus: "Die Leute wollen eine Führung mit Prinzip. Trump wollte Kasinos in Florida. Und er hat es nicht bekommen." Trump behauptet zwar sofort empört, dass dies "total falsch sei", denn "wenn ich es gewollt hätte, hätte ich es bekommen. Ich kenne meine Leute." Die sich damit eröffnende Möglichkeit, Trumps Nimbus als unabhängiger Geschäftsmann, der keine politischen Gefälligkeiten benötigt, anzukratzen, ließ Bush aber aus.

Dafür sorgte er für Heiterkeit, als er gestand, in der Schule gekifft zu haben. "Also, vor 40 Jahren habe ich Marihuana geraucht, und ich gebe es zu. Ich bin sicher, dass auch andere Leute das getan haben und es nicht hier vor 25 Millionen Leuten zugeben wollen. Meine Mutter ist nicht froh darüber, dass ich es jetzt getan habe." Bush sprach sich allerdings vehement gegen eine landesweite Legalisierung von Cannabis aus, und bis auf den Senator Rand Paul, der als Befürworter einer Liberalisierung dieser Droge bekannt ist, war das die Linie aller Diskutanten. "Wir leiten junge Menschen in die Irre, wenn wir ihnen sagen, dass Marihuana bloß so ist, wie wenn man ein Bier trinkt." Die Frage der Suchtmittelpolitik ist für Fiorina hoch persönlich: ihre Stieftochter war im Oktober 2009 nach langer Abhängigkeit von harten Drogen und Alkohol an einer Überdosis gestorben.

Matter Carson, agiler Rubio

Die anderen Bewerber taten sich schwer, aus dem Schatten von Fiorina, Trump und Bush zu treten. Der pensionierte Neurochirurg Ben Carson, der einzige schwarze Kandidat der Republikaner und derzeit auf Platz zwei der meisten Umfragen, wirkte schläfrig und sachlich nicht immer sattelfest. So schlug er zum Beispiel erneut eine Abschaffung aller Steuern und die Einführung des Zehent nach biblischem Vorbild vor.

Marco Rubio, der Senator aus Florida, trat eloquent und selbstbewusst auf, in außenpolitischen Fragen wirkte er sattelfest, beim derzeit heißesten Thema des Landes – dem Umgang mit der legalen und illegalen Einwanderung – traf er als Sohn kubanischer Immigranten geschickt den richtigen Ton: "Ich wende mich an hispanische Zuhörer auf Spanisch, weil ich will, dass sie die Nachrichten direkt von mir hören und nicht von einem Übersetzer auf Univision." Letzteres ist ein linksliberaler spanischsprachiger US-Kabelsender, mit dem einige republikanische Politiker, so auch Rubio, Privatfehden ausfechten.

Trump glaubt, Impfen verursache Autismus

Bemerkenswert war in der ansonsten eher lauen Debatte auch, dass sich Donald Trump als Anhänger des wissenschaftlich als falsch bewiesenen Gerüchtes entpuppte, wonach Impfungen bei Kindern Autismus verursachen. "Autismus ist eine Epidemie geworden, es ist total außer Kontrolle“, sagte er. Die medizinische Statistik bestätigt diese Behauptung nicht. „Ich bin fürs Impfen – aber in kleineren Dosen über längere Zeiträume." Ärzte warnen vor diesem Vorgehen, weil es zu keiner zufriedenstellenden Immunisierung der Kinder führt.

Erstaunlich war zuletzt, dass den Kandidaten nur zwei amerikanische Frauen einfielen, deren Konterfei sie auf dem Zehn-Dollar-Geldschein sehen möchten. Die schwarze Bürgerrechtlerin Rosa Parks und die Suffragette Susan B. Anthony. Jeb Bush wünschte sich die einstige britische Premierministerin Margret Thatcher, John Kasich, der Gouverneur von Ohio, die gebürtige Albanerin Mutter Teresa, und einige andere Herren jeweils ihre Mutter. Carly Fiorina, die einzige Frau in der Runde, antwortete so: "Ich würde weder den Zehner noch den Zwanziger ändern. Ehrlich gesagt finde ich, dass das nur eine Geste ist. Das hilft nicht, unsere Geschichte zu ändern. Wir sollten vielmehr anerkenne, dass Frauen die Mehrheit dieser Nation stellen. Wir sind die Hälfte ihres Potenzials. Und diese Nation wird besser dran sein, wenn jede Frau die Gelegenheit hat, nach ihrer eigenen Wahl zu leben."

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