US-Präsidentenwahl: Carly Fiorina, die rechte Anti-Hillary

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Die frühere Hewlett-Packard-Chefin weckt den Enthusiasmus des republikanischen Establishments und wird für die zornige Wählerbasis zusehends interessant.

Washington. Erick Erickson ist einer der derzeit einflussreichsten Meinungsführer der republikanischen Parteibasis. Sofort nach Ende der zweiten Fernsehdebatte der elf in den Umfragen führenden republikanischen Anwärter um die Nominierung für die Präsidentschaftskandidatur war für den erzkonservativen Radiomoderator und Betreiber der Website Red State eines klar: „Carly Fiorina hat die Debatte gewonnen. Sie musste der Nation vorgestellt werden, und sie wurde es. Sie wird mit Ausnahme von Rubio jedem auf dieser Bühne Stimmen wegnehmen.“

Die 61-jährige frühere Vorstandsvorsitzende des Computerkonzerns Hewlett-Packard rückte sich mit einem nervenstarken, angriffslustigen und exzellent vorbereiteten Auftritt in der Ronald-Reagan-Bibliothek im kalifornischen Simi Valley in den Mittelpunkt des Wettstreits um die Frage, wessen Name im November nächsten Jahres für die Republikanische Partei auf dem Stimmzettel stehen wird. „Fiorina war keineswegs perfekt, aber ihre Darbietung bewies zweifellos, dass sie einen Platz auf der Hauptbühne verdient hat und dass sie eine wachsende Kraft ist, mit der man rechnen muss“, analysierte John Heilemann vom Nachrichtenmagazin „Politico“.

Noch vor einem Monat hatte es für Fiorina betrüblich ausgesehen. Sie lag in den meisten Umfragen nur knapp über einem Prozent Zuspruch, hatte schwere Probleme beim Sammeln von Spenden für ihre Kampagne und wurde bei der ersten Fernsehdebatte, die von Fox News veranstaltet wurde, auf den „Kindertisch“ der sieben schwächsten Bewerber verwiesen.

Parteibasis will Außenseiter

Doch sie gab nicht auf und profitierte davon, dass etablierte Politiker bei der zornigen Parteibasis höchst unbeliebt sind. In einer Umfrage von „Washington Post“ und ABC News sagten 58 Prozent der republikanischen Wähler, es sei ihnen wichtiger, dass ihr Kandidat von außerhalb des politischen Systems komme, als dass er Erfahrung im Umgang mit demselben hat.

Fiorina, deren bisher einzige politische Kampagne um den Senatssitz der kalifornischen Demokratin Barbara Boxer im Jahr 2010 schwer scheiterte, passt in dieses Anforderungsprofil der Parteibasis, die ab Februar in den Vorwahlen den Ausschlag geben werden.

In einer diese Woche veröffentlichten Umfrage des Radiosenders WBUR zum Beispiel lag sie in New Hampshire mit elf Prozent an dritter Stelle, hinter dem groben Baumilliardär Donald Trump (22 Prozent) und dem pensionierten schwarzen Neurochirurgen Ben Carson (18 Prozent). Keiner der drei hatte jemals ein politisches Amt inne. Ehemalige Gouverneure wie Jeb Bush und aktuelle Senatoren wie Marco Rubio liegen derzeit im einstelligen Prozentbereich.

Angriff auf Trumps Schwäche

Fiorina verstand es in der Nacht auf Donnerstag geschickt, dem prahlerischen und rüden Stil Trumps den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Sie haben Berge an Schulden aufgehäuft, auch mit dem Geld anderer Leute, und viermal Bankrott erklärt. Wieso sollte das amerikanische Volk Ihnen vertrauen, dass Sie dieses Land anders führen würden, als Sie Ihre Firmen geführt haben?“, bemerkte sie. Damit spielte sie auf die Insolvenzen an, in die Trump vier seiner Firmen in den Jahren 1991, 1992, 2004 und 2009 geführt hatte. Dabei handelte es sich der Reihe nach um das Taj-Mahal-Kasino in Atlantic City, das Plaza Hotel in New York, Trump Hotel & Casino Resorts in New Jersey und Trump Entertainment Resorts. In Summe mussten die Gläubiger dieser Firmen Forderungen in Milliardenhöhe abschreiben, Trump selbst schaffte es jedes Mal, ohne Verluste auszusteigen.

Es ist nun zu erwarten, dass sich die demokratischen Parteistrategen auf das eher unrühmliche Ende von Fiorina an der Spitze von Hewlett-Packard einschießen; sie war die treibende Kraft hinter der Übernahme des Konkurrenten Compaq im Jahr 2002. Der stellte sich als Flop heraus, und erst am Mittwoch teilte der Konzern mit, 30.000 Jobs zu streichen.

Der eigenen Basis gegenüber hingegen schickt Fiorina sich an, eine ernsthafte Herausforderung für die vermutliche demokratische Kandidatin, Hillary Clinton, zu werden. So erntete sie stürmischen Applaus für ihren Hinweis auf Clintons stolz referierte Reisetätigkeit als Außenministerin: „Anders als sie weiß ich, dass Fliegen eine Tätigkeit, keine Leistung ist.“

ZUR PERSON

Carly Fiorina (61) war von 1999 bis 2005 Vorstandschefin des Computerkonzerns Hewlett-Packard. Sie war damals die erste Frau, die eines der laut Liste des „Fortune“-Magazins 20 größten US-Unternehmen führte. Die gebürtige Texanerin organisierte von 2006 bis 2008 in der gescheiterten Kampagne von John McCain die Finanzen und wurde damals als seine Vizepräsidentschaftskandidatin gehandelt. Eine ihrer drei Stieftöchter starb 2009 an einer Drogenüberdosis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2015)

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