Das Duell der Großen drängte Kleinparteien an den Rand

The Hellenic Parliament voting to authorize PM Alexis Tsipras Minister of Finance Euklid Tsakalotos
The Hellenic Parliament voting to authorize PM Alexis Tsipras Minister of Finance Euklid Tsakalotos(c) imago/Wassilis Aswestopoulos (imago stock&people)
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Einige Parteien machten sich die wohl trügerische Hoffnung, das Zünglein an der Waage zu spielen.

Eine große Partei auf der linken, eine große Partei auf der rechten Seite des politischen Spektrums – oberflächlich betrachtet ist in Griechenland alles so, wie man es seit Jahrzehnten mehr oder weniger kannte. Mit einem gewaltigen Unterschied freilich: Die dominierende Partei der Linken ist nicht mehr die sozialdemokratische Pasok, sondern die linksradikale Syriza. Mit dem zweiten Wahlsieg innerhalb nur eines Jahres hat sich das Bündnis unter der Führung von Alexis Tsipras, der aller Voraussicht nach wieder Premierminister werden wird, offenbar nachhaltiger etabliert, als gedacht. Wegen vieler gebrochener Wahlversprechen war Syriza zeitweise ein deutlicher Einbruch in der Wählergunst prophezeit worden. Umfragen hatten Syriza und die konservative Nea Dimokratia zeitweise sogar Kopf an Kopf gesehen.

Die Kleinparteien betrachteten das Duell der beiden Großen mit zunehmendem Argwohn. Immerhin verkleinerte jede Stimme für die Großparteien den Kuchen für den Rest; und auch die Wahlmüdigkeit der Griechen machte die Lage für die Kleinen nicht einfacher: Nach der Parlamentswahl von Jänner und der Volksabstimmung über das EU-Rettungsprogramm Anfang Juli war es bereits der dritte Wahlkampf in diesem Jahr. Viele Griechen wählen in ihren Heimatgemeinden auf dem Land und wollten die Reise nicht nochmals auf sich nehmen für eine Wahl, die zwei Drittel der Stimmbürger für unnötig gehalten haben. Die Kleinparteien hatten zumindest gehofft, bei der Koalitionsbildung der nächsten Tage das Zünglein an der Waage zu sein. Doch nach Tsipras' deutlichem Sieg erwiesen sich manche Hoffnungen in dieser Richtung als trügerisch.

Ohnehin keine Chance auf eine Regierungsbeteiligung hatte die neonazistische Goldene Morgenröte: Weder ND noch Syriza wollten mit ihr koalieren. Schon im Wahlkampf wurde die Partei von Fernsehkanälen boykottiert. Zudem lancierte die Partei einen geschmacklosen Werbespot: Man benutzte drei Schulkinder dazu, vor der Kamera Parolen wie „Griechenland für die Griechen“ und „Wir wollen keine Minderheit im Land sein“ auszuposaunen. Die Goldene Morgenröte, die die vergangenen Jahre vor allem gegen die Sparpakete der Regierung gewettert hat, ist angesichts der Flüchtlingswelle zu ihren ausländerfeindlichen Ursprüngen zurückgekehrt. Trotz des Boykotts kam sie laut Hochrechnungen auf 7,1 Prozent.

Von der Spitze in die Versenkung

Die sozialistische Pasok unter ihrer neuen Chefin Fofi Gennimata kam auf 6,4 Prozent, obwohl die Partei, die durch die griechische Krise von der dominierenden politischen Kraft zur Randerscheinung schrumpfte, von den Umständen begünstigt war. Der Abtritt des umstrittenen Evangelos Venizelos hat das Image der Partei aufpoliert. Gennimata liebt die leisen Töne und gibt den Sozialisten trotz aller hölzernen Phrasen ein menschliches Gesicht. Auch sie kommt freilich aus dem alten „Parteiadel“. Ihr Vater, der früh verstorbene Giorgos Gennimata, war ein Vertrauter von Pasok-Gründer Andreas Papandreou. Dass der Sohn von Andreas Papandreou, Ex-Ministerpräsident Giorgos Papandreou, mit seiner Partei bei den Wahlen nicht antrat, schlug sich theoretisch ebenfalls positiv für die Pasok zu Buche, auch wenn sie nur einen kleinen Erfolg verbuchen konnte: Mehr Stimmen erobert zu haben als die Kommunisten (5,5 Prozent). In den selben Gewässern wie die Pasok fischt die Partei To Potami des Journalisten Stavros Theodorakis, die vier Prozent erreichte.

Partei ohne Existenzgrund

Das Problem der Unabhängigen Griechen (Anel) wiederum war die Unterschrift unter das dritte Rettungspaket. Anel hat sich Ende 2011 von den Konservativen abgespalten, die Partei besteht aus Abgeordneten, die die damaligen Sparpakete nicht unterschreiben wollten. Nun, nach ihrem Einschwenken auf die Sparlinie, hat die Partei ihre Existenzberechtigung verloren. Anel war der Juniorpartner von Syriza in der abgetretenen Koalitions, und Tsipras machte rasch deutlich, dass die Anel auch wieder sein liebster Koalitionspartner für die Zukunft wäre. (cg/hd)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2015)

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