Flüchtlinge: Milliardenkosten für Berlin

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Exakte Berechnungen über den Mehraufwand in der Flüchtlingskrise gibt es (noch) nicht.

Berlin. Wie viel die Flüchtlinge den deutschen Staat in Zukunft kosten werden, wollen offizielle Stellen nicht kommentieren. Im Finanzministerium heißt es dazu bloß, dass derlei Berechnungen nur auf Basis von Annahmen über weitere Flüchtlingszahlen getroffen werden könnten, die wiederum höchst ungewiss sind. Klar ist: 2015 werden in der Bundesrepublik zwischen 800.000 (offiziell) und einer Million Schutzsuchende (Schätzungen) erwartet. Für 2016 hat das Innenministerium noch keine Prognosen bekannt gegeben.

Panu Poutvaara vom Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo beziffert die Mehrkosten für den Staat in den ersten zwölf Monaten auf rund zehn Milliarden Euro (Sprachkurse oder Berufsausbildungen wurden nicht berücksichtigt). Das allerdings sei nur als grobe Annäherung zu verstehen. Basis der Berechnungen ist ein finanzieller Bedarf von 1000 Euro pro Person und Monat. Künftige Aufwendungen hochzurechnen hält der Experte für sinnlos, weil die Zahl der ankommenden Flüchtlinge bislang nicht abschätzbar sei und es keine Prognosen darüber gebe, wie viele Asylwerber in Deutschland Arbeit finden werden. In diesem Fall verursacht ein Asylwerber nämlich keine Kosten, sondern sorgt für Steuereinnahmen. „Je schneller jemand arbeitet, desto billiger wird es für den Staat“, sagt Poutvaara.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) wiederum prognostiziert für 2016 Ausgaben von 9,2 Mrd. Euro. Für heuer rechnen die Experten mit knapp sechs Milliarden.

Ministerin Andrea Nahles beziffert den Bedarf auf dem Arbeitsmarkt im kommenden Jahr auf 1,8 bis 3,3 Milliarden Euro. Für 2016 hat das Finanzministerium vorerst fünf Mrd. Euro reserviert. Die Asylbewerberleistungen summierten sich im Vorjahr auf 2,4 Mrd. Euro für rund 363.000 Bezieher. (nst)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2015)

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