Kunduz-Attacke "war Angriff auf Genfer Konvention"

22 Menschen starben bei dem Angriff auf das Spital in Kunduz.
22 Menschen starben bei dem Angriff auf das Spital in Kunduz.REUTERS
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Die Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen fordert die Untersuchung durch eine "humanitäre Kommission". Die USA beteuern weiterhin ein Versehen.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat die Bombardierung ihrer Klinik im afghanischen Kunduz als "Angriff auf die Genfer Konvention" bezeichnet. MSF-Präsidentin Joanne Liu forderte am Mittwoch eine Untersuchung des Vorfalls durch eine "internationale humanitäre Kommission". Sie habe "kein Vertrauen in eine interne militärische Untersuchung".

"Das war nicht nur ein Angriff auf unser Krankenhaus, es war ein Angriff auf die Genfer Konvention. Das kann nicht hingenommen werden", sagte die MSF-Chefin zu Journalisten in Genf. Gemäß dem Genfer Abkommen dürfen zivile Krankenhäuser unter keinen Umständen angegriffen werden. MSF-Generaldirektor Christopher Stokes hatte bereits am Montag eine Untersuchung des Vorfalls mit 22 Toten durch eine "unabhängige internationale Organisation" gefordert. Bei den Toten handelt es sich um zwölf MSF-Mitarbeiter und zehn Patienten, darunter drei Kinder.

Klinik "fälschlicherweise getroffen"

Der Kommandierende der US- und NATO-Streitkräfte in Afghanistan hat den Angriff auf ein Krankenhaus in Kunduz mit 22 Toten als Fehler bezeichnet. Die Klinik sei "fälschlicherweise getroffen" worden, sagte General John Campbell am Dienstag in Washington. Zugleich blieb er bei seiner Einschätzung, dass der Angriff auf Bitten der afghanischen Armee erfolg sei. "Wir würden niemals absichtlich eine geschützte medizinische Einrichtung anvisieren", sagte Campbell. Die Entscheidung sei aber innerhalb der US-Befehlskette gefallen.

Nach Angaben der Hilfsorganisation waren die afghanischen und die US-Streitkräfte über die GPS-Koordinaten des Krankenhauses informiert, das seit vier Jahren in Betrieb war. Es war das einzige im Nordosten Afghanistans, das schwere Kriegsverletzungen behandeln konnte. Mittlerweile seien alle humanitären Helfer aus dem von Kämpfen erschütterten Kunduz abgezogen, berichtet die UNO.

General fordert Truppenverbleib

Angesichts des Angriffs der radikal-islamischen Taliban sprach sich der Vier-Sterne-General für einen längeren Truppenverbleib aus. "Afghanistan bleibt eine der gefährlichsten Regionen der Welt", sagte Campbell. Der anhaltende Druck auf radikale Gruppen und die Ausbildung der afghanischen Armee durch US- und NATO-Streitkräfte hätten Terroranschläge im Ausmaß der Attacken vom 11. September 2001 verhindert. Campbell bezweifelte auch, dass die US-Botschaft ihren normalen Betrieb in dem Land wie geplant 2017 aufnehmen könne.

Nach dem Willen von US-Präsident Barack Obama sollen die verbleibenden 9.800 amerikanischen Soldaten bis Ende 2017 abgezogen werden. Ob die afghanischen Sicherheitskräfte dann ohne Unterstützung der USA auskommen, ist aber fraglich. Bis Ende dieses Jahres hatte die Anzahl der US-Soldaten auf 5.500 sinken sollen - im März hatte Obama bereits angekündigt, die Truppen langsamer als geplant abzuziehen.

(APA/AFP)

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