Flüchtlinge: Merkel lehnt bayerische "Notwehr-Maßnahmen" ab

Angela Merkel
Angela MerkelAPA/EPA/MARIUS BECKER
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Bayern hat angekündigt, Flüchtlinge pauschal an der deutschen Grenze zurückzuweisen.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer möchte Flüchtlinge an der Grenze zu Österreich abweisen lassen. Österreich will dem nicht tatenlos zusehen. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bekräftigte am Donnerstagabend: Verfolgte werden weiter aufgenommen.

Seehofer sprach gegenüber der "Bild"-Zeitung (Freitag-Ausgabe) erneut von "Notwehr". Die Maßnahmen Bayerns sollen in einer Sondersitzung des Kabinetts von Seehofer am Freitag in München beschlossen werde. Wie dies konkret funktionieren soll, ließ Seehofer bisher offen. Die Grenzen werden von der deutschen Bundespolizei geschützt, die nicht Bayern, sondern Innenminister Thomas de Maizière in Berlin unterstehen.

"Jeden Fall anschauen"

Seehofers Ankündigung bringt ihn jedenfalls in Widerspruch zu Merkel. Auf einer CDU-Veranstaltung in Wuppertal sagte sie am Donnerstagabend mit Hinweis auf einen Asylbewerber aus einem sicheren Herkunftsstaat: "Ich kann ihm nicht gleich an der Grenze sagen 'Du musst zurück' oder 'Du kommst hier nicht rein'." Erst müsse man sich jeden Fall anschauen.

Mit Blick auf Bayern betonte die deutsche Kanzlerin, gerade christliche Parteien mit einem "C" im Namen wie ihre Christdemokraten und die bayrische CSU trügen eine besondere Verantwortung bei dem Thema. "Das C ist nicht nur für Sonntagsreden. Das ist auch nicht nur für diejenigen, die in Deutschland leben, gedacht und auch nicht nur für die, die in Europa leben", sagte Merkel.

Österreich will reagieren

Die österreichische Regierung kündigte an, es werde auf mögliche "Notmaßnahmen" Bayerns reagieren. "Wenn Bayern beginnt, hier die Flüchtlingsströme zu verlangsamen, hier mehr zu kontrollieren, dann wird auch Österreich dazu übergehen müssen, hier den Flüchtlingsstrom zu verlangsamen und hier auch intensiver und umfassender zu kontrollieren", sagte die Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Donnerstag bei einem Treffen in Luxemburg.

Mehrere tausend Flüchtlinge

Die meisten Flüchtlinge auf der Balkanroute erreichen Österreich von Ungarn aus. Bayern stört vor allem, dass Österreich Flüchtlinge ungehindert nach Bayern weiterreisen lässt. Tag für Tag kommen deshalb immer noch mehrere tausend Flüchtlinge über die Grenze.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sagte dazu: "Wir haben die Situation, dass die Überforderung von Staaten dazu geführt hat, dass jeder weitergewunken hat und das ist gleich schlecht, ganz egal, wer es tut. (...) Und solange wir nicht die EU-Außengrenzen in den Griff bekommen, wird dieser Zustand weiter anhalten." Allerdings sei Österreich ebenso wie Deutschland eines der Länder mit der höchsten Zahl an Flüchtlingen pro Kopf.

Balkanländer sagen Hilfe zu

Bei dem Treffen in Luxemburg am Donnerstag sagten zuvor die Balkanländer der EU Hilfe zu, um Migranten auf deren Weg nach Westeuropa aufzuhalten. So sollen Länder wie Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Serbien, Albanien, Montenegro und Kosovo ihre Grenzen künftig besser schützen.

Gleichzeitig sollen die Balkanstaaten Migranten besser unterbringen, Asylverfahren schneller abwickeln und abgelehnte Bewerber abschieben. Ziel ist auch, gegen Menschenschmuggler und illegale Einwanderung vorzugehen. "Gemeinsame Verantwortung muss in gemeinsames Handeln umgesetzt werden", steht in der Erklärung der Konferenz.

(APA/Reuters)

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