Die Basis Akrotiri wurde diese Woche erstmals von Bootsflüchtlingen angesteuert. Sie vermuten ein Sprungbrett nach Großbritannien. Das dürfte ein Irrtum sein.
Flüchtlinge aus dem Nahen Osten sind offenbar dabei, die Insel Zypern im östlichen Mittelmeer als mögliches Sprungbrett nach Europa "auszutesten". Dabei geht es allerdings weniger um die Insel bzw. die darauf befindlichen Staaten - die Republik Zypern im Süden und die international nicht bzw. nur von der Türkei anerkannte Türkische Republik Nordzypern -, sondern um die britische Luftwaffenbasis RAF Akrotiri direkt an der Südküste.
Die flächenmäßig sehr große Basis ist von Syriens Küste nur etwa 260 bis 280 Kilometer entfernt, am Mittwoch waren dort erstmals Flüchtlinge in Booten angekommen, etwa 115 Menschen aus Syrien und Palästina. Das war laut britischen Medien das erste Mal, dass in der aktuellen Flüchtlingskrise britischer Boden unmittelbar von illegalen Einwanderern erreicht worden ist.
Die Ankömmlinge gaben an, weiter nach Großbritannien zu wollen, und sollen um Asyl angesucht haben. Am Freitag waren sie weiter in einem Hangar auf dem Stützpunkt untergebracht, über die weitere Vorgangsweise gibt es Unklarheit. Man werde nicht zulassen, dass Akrotiri zu einem Einfallstor nach Europa wird, sagte ein Sprecher von Premierminister David Cameron. Er deutete an, dass die zyprischen Behörden die Registrierung und Unterbringung der Flüchtlinge besorgen würden.
Zypern zur Übernahme bereit
Homer Mavrommatis, ein hoher Beamter des zyprischen Außenministeriums in Nikosia, bestätigte das. Bisher seien nur wenige Menschen direkt nach Zypern geflohen, aber man erwarte eine baldige Zunahme und sei bereit, die Menaschen unterzubringen.
Trotz seiner Nähe zu Syrien wurde das EU-Land Republik Zypern als Fluchtort bisher gemieden, weil es als recht isolierte Insel weitgehend eine Sackgasse für die Weiterreise nach Kerneuropa darstellt. RAF Akrotiri sowie die zweite britische Basis auf Zypern, Dhekelia an der Ostküste nahe Famagusta, könnten Flüchtlingen allerdings als Einfallstor nach Großbritannien selbst erscheinen.
Wegen des seit 1960 bestehenden Sonderstatus dieser unter Militärverwaltung stehenden britischen Sovereign Base Areas of Akrotiri and Dhekelia (aktueller Administrator: Air Marshall Mike Wigston) könnte diese Hoffnung allerdings trügerisch sein.
RAF Akrotiri beherbergt zur Zeit Aufklärer, Transporter, Hubschrauber und Kampfflugzeuge (etwa "Tornado"-Jagdbomber) der Royal Air Force und bisweilen Verbündeter, die Einsätze über Syrien und dem Irak fliegen. Beide Gebiete sind zusammen 254 Quadratkilometer groß und haben etwa 15.000 Bewohner, rund die Hälfte davon sind britisches Militärpersonal samt ihrer Familienangehörigen. Die dort permanent lebenden Zyprioten haben keinen Anspruch auf britische Staatsangehörigkeit
Aufgrund des Stützpunktabkommens dienen die Gebiete rein militärischen Zwecken, stellen kein ziviles Verwaltungs- und Wirtschaftsgebiet dar und dürfen von der Republik Zypern nicht durch Zollgrenzen oder Grenzkontrollen getrennt werden (wohl aber durch Sicherheitszäune, Sperren und ähnliches). Die Rechtslage ist kompliziert, Zyprioten etwa dürfen umgekehrt sehr wohl in diesen britischen Gebieten privatwirtschaftlich tätig sein, sie sind etwa Gastwirte, Hoteliers, Handwerker, Mechaniker, Landwirte und so fort.
Einzige Eurozone unter britischer Souveränität
Außerdem gilt als Währung dort seit der Einführung des Euros statt des zypriotischen Pfunds 2008 ebenfalls der Euro, nicht etwa das englische Pfund. Akrotiri und Dhekelia sind somit die einzigen Gebiete unter britischer Souveränität, wo der Euro herrscht.
