Rumänien: Das Ende der ruhmlosen Ära Ponta

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ROMANIA POLITICS PONTA RESIGNATION(c) APA/EPA/ROBERT GHEMENT (ROBERT GHEMENT)
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Nach der Brandkatastrophe in einer Bukarester Disco zog der rumänische Premier, Victor Ponta, die Konsequenzen und trat zurück.

Bukarest. Rumäniens ranghöchsten Sesselkleber Victor Ponta schien ein besonders dickes Fell gegen alle Angriffe zu wappnen. Ob Wahldebakel, der Verlust seines Doktortitels, strafrechtliche Ermittlungen oder die Beschlagnahmung seines Privatvermögens – nichts schien den unter Korruptionsverdacht stehenden Regierungschef zu einem Amtsverzicht bewegen zu können. Doch die Brandkatastrophe von Bukarest, der am Wochenende in einem völlig überfüllten Nachtclub 32 Menschen zum Opfer gefallen sind, hat sich für seine angeschlagene Regierung als nicht mehr zu kontrollierender Flächenbrand entpuppt: Nach Massenprotesten gegen Korruption und Vetternwirtschaft hat der 43-Jährige entnervt die Konsequenzen gezogen.

Geschlossener Rücktritt

Er lege sein Mandat als Regierungschef nieder, weil „ich verpflichtet bin, den berechtigten Groll der Gesellschaft zur Kenntnis zu nehmen“, erklärte der Sozialdemokrat am Mittwoch in einer Fernsehansprache den geschlossenen Rücktritt seines Kabinetts. Es wäre „nicht gerecht“, die Verantwortung auf andere abzuschieben, begründete der seit Mai 2012 amtierende Premier das Ende seiner turbulenten, aber ruhmlosen Regierungsära: Er hoffe, dass die Demissionierung seiner Regierung die Menschen zufriedenstellen werde.

„Mörder!“, „Korruption tötet!“, hatten die über 30.000 entrüsteten Demonstranten skandiert, die in der Nacht zum Mittwoch bis weit nach Mitternacht über sechs Stunden lang vom Regierungssitz zum Parlament und zum Rathaus des vierten Bezirks gezogen waren: „Tretet ab! Wir gehen nicht, bis ihr nicht geht!“ Der Grund ihres Ärgers: die Landesplage der Korruption, hinter der sie die eigentliche Ursache der verheerenden Brandkatastrophe bei einem Rockkonzert in dem völlig unzureichend abgesicherten Club Colektiv wittern.

Die offizielle, von der Bezirksverwaltung ausgestellte Betriebsgenehmigung für den Nachtclub war auf maximal 80 Gäste ausgestellt: Daran, dass sich meist mehrere hundert Besucher in dem Club drängelten und keinerlei Brandschutzbestimmungen eingehalten wurden, schien sich im Rathaus niemand zu stören.

Der Zorn der entrüsteten Öffentlichkeit begann sich bald nicht nur gegen Bezirksbürgermeister Christian Popescu und den zuständigen Innenminister, Gabriel Oprea, sondern gegen die gesamte, tief im Korruptionssumpf verstrickte Politikerkaste und deren Symbol, Victor Ponta, zu richten: Schon seit September steht der tief gefallene Ex-Hoffnungsträger der sozialistischen PSD wegen des Verdachts der Geldwäsche, Aktenfälschung und Steuerhinterziehung vor Gericht.

„Revolution des Anstands“

Mit der Ankündigung eines Denkmals für die Brandopfer hatte Ponta zunächst versucht, die wachsende Wut über die lebensbedrohliche Geißel der Vetternwirtschaft zu beschwichtigen – doch vergeblich. „Aus Trauer wird Wut“, „Korruption, Habgier und Gleichgültigkeit bringen Rumänien um“, war am Dienstag auf den Protestplakaten zu lesen, die den Abtritt der Regierung forderten. Überraschend schnell hat sich Ponta nun den Demissionsforderungen seiner außerparlamentarischen Kritiker gebeugt. Von einer „Revolution des Anstands“, die aus tödlicher Korruption geboren worden sei, sprach am Mittwoch bewegt der Kommentator des Onlineportals Gandul. Der Aufruhr sei „wie das Leben, das aus dem Tod erwacht“: „Er hat eine Kraft, die dich erzittern lässt. Von hier aus gibt es kein Zurück mehr.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2015)

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