Das Regionalparlament gibt grünes Licht für die Abspaltung, Madrid kündigt eine Klage an.
Barcelona. Die seit Jahren schwelende Beziehungskrise zwischen Barcelona und Madrid tritt in die ganz heiße Phase. Am Montag setzte die nordspanische Region einen großen Schritt in Richtung Trennung von Madrid: Das Regionalparlament gab grünes Licht für einen „unabhängigen republikanischen Staat“, der in den nächsten 18 Monaten entstehen soll.
Das „Mandat“ für eine Abspaltung hatte sich die Regionalregierung bei Wahlen Ende September geholt: Präsident Artur Mas war damals mit einer „Separatisten“-Liste angetreten und hatte das Votum zur Befragung über eine Unabhängigkeit umfunktioniert. Gemeinsam mit der linksradikalen CUP hat Mas Liste die absolute Mehrheit im Abgeordnetenhaus.
Blockiert Madrid Gelder?
Spaniens konservativer Premier Mariano Rajoy reagierte prompt: „Diese Resolution hat keine Bedeutung“. Er kündigte eine Verfassungsklage an – bereits am Dienstag könnte diese eingereicht werden. Spaniens Verfassung betont ausdrücklich die „unauflösliche Einheit der spanischen Nation“. Laut „El Mundo“ plant die Zentralregierung, die Regionalpolizei unter ihre Kontrolle zu stellen und Katalonien den Finanzhahn abzudrehen, sollte sich Barcelona gegen den Spruch des Verfassungsgerichts stellen.
Das sich nur langsam aus der Finanzmisere erholende Spanien droht wegen Katalonien die nächste Krise. Das Land würde den Verlust der wirtschaftsstärksten Region kaum verkraften. Anleger sind bereits verunsichert: Die Renditen der zehnjährigen spanischen Anleihen kletterten gestern auf ein Sechs-Monats-Hoch.
Schlichtungsversuche von spanischer Seite sind indes keine zu erwarten. Der in Umfragen angeschlagene Rajoy wird versuchen, mit seinem Hardliner-Kurs bei der Parlamentswahl Ende Dezember Stimmen zurückzuerobern. (basta)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2015)