Ticker-Nachlese: Frankreich im Krieg gegen die IS-Miliz

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FRANCE-ATTACKS-PARISAPA/AFP/JOEL SAGET
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Nachlese Mindestens 129 Menschen wurden bei koordinierten Anschlägen in der französischen Hauptstadt getötet, 352 verletzt - darunter ein Tiroler. Griechenland registrierte zwei der Attentäter als Flüchtlinge.

Schwerbewaffnete Angreifer hatten am Freitagabend bei einem koordinierten Großangriff sechs Ziele in Paris attackiert, darunter mehrere Bars und Restaurants und die Konzerthalle Bataclan im Herzen der französischen Hauptstadt. Dabei kamen 129 Menschen ums Leben, 352 Personen wurden verletzt, rund 100 befanden sich am späten Samstagabend noch in Lebensgefahr. Unter den Verletzten befindet sich auch ein 20-jähriger Tiroler aus Tarrenz (Bezirk Imst), der eine schwere Schussverletzung erlitt und in Frankreich behandelt wird. Er sei außer Lebensgefahr, hieß es in der Nacht auf Sonntag.

Die Extremistenorganisation "Islamischer Staat" (IS) hat sich zu den Anschlägen bekannt. Insgesamt habe es drei Angreifer-Teams gegeben, sagte der französische Staatsanwalt. In einem offenkundig abgestimmten Vorgehen griffen in der Nacht auf Samstag nahezu zeitgleich mindestens acht Männer die Konzerthalle "Bataclan", das Fußballstadion "Stade de France" und mehrere Restaurants sowie Bars an und töten willkürlich Gäste und Passanten. "Sieben Terroristen starben während ihrer kriminellen Handlungen", sagte der Pariser Staatsanwalt Francois Molins am Samstagabend. Einer wurde von der Polizei erschossen. 

Angreifer wollte ins Stade de France

Drei Selbstmordattentäter sprengten sich in der Nähe Stade de France in die Luft, wo zum Zeitpunkt der Anschläge ein Freundschaftsspiel der Fußball-Nationalmannschaften Frankreichs und Deutschlands stattfand. Dort wollten die Attentäter laut dem "Wall Street Journal" wohl einen Anschlag direkt im Stadion verüben. Mindestens ein Angreifer habe ein Ticket für das Match gehabt. Er sei von einem Ordner beim Sicherheitscheck gestoppt worden, schrieb das Blatt am Samstag. Bei dem Attentäter sei etwa eine Viertelstunde nach Spielbeginn am Stadioneingang eine Sprengstoff-Weste entdeckt worden. Beim Versuch zu entkommen, habe der Mann den Sprengstoff zur Explosion gebracht. Der Polizist vermutete laut "Wall Street Journal", dass der Angreifer den Sprengstoff im Stadion zünden wollte. Ziel sei vermutlich eine Massenpanik unter den Zuschauern gewesen.

Attentäter hatten Verbindungen zu Belgien

Die blutigen Anschläge in Paris brachten das öffentliche Leben in der französischen Hauptstadt am Samstag weitgehend zum Erliegen. Museen blieben geschlossen, Konzerte wurden abgesagt, Sportevents vertagt. Tausende Franzosen gedachten in verschiedenen Städten des Landes der Anschlags-Opfer. Frankreichs Präsident Francois Hollande hatte nach den Angriffen den Ausnahmezustand verhängt. Er sprach von einem "Kriegsakt" und kündigte einen "unerbittlichen" Kampf gegen Jihadisten in Frankreich und im Ausland an.

Die belgische Polizei hat am Samstag mehrere Menschen verhaftet. Die Aktion stehe im Zusammenhang mit einem Pkw mit belgischem Kennzeichen, teilte Justizminister Koen Geens am Samstag über Twitter mit. Augenzeugen hatten das Fahrzeug in der Nähe der Konzerthalle Bataclan gesehen, wo vier Bewaffnete am Freitagabend 89 Menschen erschossen hatten. Die Polizei durchsuchte in einem Großeinsatz mehrere Wohnungen im Brüsseler Stadtviertel Molenbeek, wie der Sender RTBF im Internet unter Berufung auf einen Insider berichtete. Fünf Menschen seien festgenommen worden. Die Ermittlungen dauern nach Angaben der Staatsanwaltschaft an. Der belgische Premierminister Charles Michel bestätigte, unter den Festgenommenen sei auch eine Person, die am Freitagabend in der französischen Hauptstadt war. Die Person, die das Auto gemietet habe, sei nahe der belgischen Grenze festgehalten worden, teilte die Pariser Staatsanwaltschaft mit.

Einer der Angreifer in der Konzerthalle war nach Angaben der Staatsanwaltschaft wegen seiner Radikalisierung aktenkundig und vorbestraft. Es handle sich um einen 1985 im Süden von Paris geborenen Mann, der in den vergangenen Jahren acht Mal wegen gewöhnlicher Straftaten verurteilt worden war und den Behörden wegen seiner Radikalisierung aufgefallen sei. Die Angreifer sprachen während der Geiselnahme von Syrien und dem Irak. Der IS-Staat hält weite Gebiete in der Region. Sechs der Angreifer sprengten sich selbst in die Luft, einer wurde von der Polizei getötet. Offen ist, ob es einen weiteren Angreifer gegeben hatte.

Reisepass bei IS-Terroristen gehört Flüchtling

Insgesamt fanden die Behörden bei den Attentätern zwei syrische Pässe und einen ägyptischen Pass. Ob die Pässe tatsächlich zu den Personen gehörten, oder ob es sich um gestohlene Dokumente handelt, war zunächst nicht bekannt.

Der Eigentümer des einen syrischen Passes reiste Anfang Oktober über Griechenland in die Europäische Union ein, wie die Regierung in Athen erklärte. Der Mann sei am 3. Oktober auf der Insel Leros als Flüchtling registriert worden. Insider berichteten, der junge Mann sei mit einer Gruppe von 69 Menschen angekommen und habe seine Fingerabdrücke abgegeben. Auch nahe der Leiche eines anderen Selbstmordattentäters sei ein weiterer syrischer Pass gefunden worden, sagte der Staatsanwalt. Der 1990 in Syrien geborene Besitzer des Passes sei den französischen Behörden nicht bekannt.

Unklar war bisher, ob auch der Eigentümer des ägyptischen Passes, der ebenfalls neben einem toten Attentäter gefunden worden sei, in Griechenland registriert worden war. Die französische Nachrichtenagentur AFP berichtet jedenfalls, dass zwei Attentäter in Griechenland registriert worden waren.

In Bayern nahm die Polizei bereits vor Tagen einen mutmaßlichen Komplizen der Attentäter fest. "Der Fall in Rosenheim wird gerade aufgeklärt", sagte der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere. "Es gibt einen Bezug nach Frankreich, aber es steht nicht fest, ob es einen Bezug zu diesem Anschlag Paris gibt." Im Auto des Festgenommenen seien Waffen gefunden worden. "Auf der Navigationsadresse war eine Adresse in Paris vermerkt", sagte der Innenminister. Um aber einen Deutschland-Bezug zu den Pariser Anschlägen herzustellen, sei es noch zu früh. Das bayerische Landeskriminalamts teilte mit, der Verdächtige sei 51 Jahre alt und stamme aus Montenegro. In seinem Auto seien acht Maschinenpistolen, ein Revolver und zwei weitere Pistolen gefunden worden.

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(Ag./Red.)

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