Syrien: Paris-Anschläge spielen Assad in die Hände

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Der Iran und Russland fühlen sich in ihrer Strategie bestätigt. Ringen um Resolution im Sicherheitsrat.

New York/Moskau/Peking. Kann Machthaber Bashar al-Assad in Syrien noch eine Zukunft haben? Russland und der Iran, die Befürworter des umstrittenen Präsidenten, sehen sich nach den Paris-Anschlägen in ihrer Politik bestätigt. Fast genüsslich erklärte der russische Außenminister, Sergej Lawrow, am Donnerstag in Moskau, die Attentate hätten dem Westen „geholfen zu verstehen, dass die Priorität in Syrien der Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) ist und nicht der Fall von Präsident Assad“. Ähnlich äußerte sich der iranische Vizepräsident, Eshagh Dschahangiri, bei einem Besuch in Russland: „Nach den Anschlägen in Frankreich hat der Westen nicht nur die Gefahr, sondern auch die Richtigkeit der russisch-iranischen Politik erkannt.“

Der nächste Schauplatz dieser Debatte steht schon fest: der UN-Sicherheitsrat. Sowohl Frankreich als auch Russland (beides Vetomächte) streben eine UN-Resolution an, die die Welt auf den Kampf gegen die IS-Jihadisten einschwören soll. Frankreichs UN-Botschafter, François Delattre, kündigte an, ein Entwurf werde rasch vorgelegt und „kurz, stark und mit einem Fokus auf den Kampf gegen unseren gemeinsamen Feind“ formuliert sein. Doch in der Nacht auf Donnerstag, noch bevor Paris ein Dokument präsentieren konnte, zog Russland einen eigenen Entwurf aus dem Ärmel: einen Ende September erstmals präsentierten Text, nun aktualisiert nach dem Abschuss des russischen Flugzeugs und den Paris-Attentaten. Delattre spracht von „einem Beitrag, den wir sorgfältig studieren werden“.

Nicht ohne Bashar al-Assad

Eine für die westlichen Staaten höchst problematische Passage ist im russischen Text laut Diplomaten immer noch vorhanden: demnach müssten Militäraktionen gegen den IS mit Ländern koordiniert werden, in denen sie stattfinden. Mit anderen Worten: auch mit Syriens Assad. Das ist für die westlichen Staaten bisher nicht akzeptabel gewesen, auch wenn sie versucht haben, die schwierige Assad-Frage bei den Syrien-Verhandlungen in Wien beiseitezulassen. Die Verhandlungen über die UN-Resolution werden zeigen, wie viel Gemeinsamkeit nach den Anschlägen wirklich besteht. US-Präsident Barack Obama bekräftigte am Donnerstag, er könne sich nicht vorstellen, Assad an der Macht zu belassen. Immerhin diskutierten russische und französische Militärs am Donnerstag ein gemeinsames Vorgehen gegen den IS.

Insgesamt stehen die Chancen auf eine Resolution wohl besser denn je. Auch die Vetomacht China dürfte Interesse daran haben, sich dem Kampf anzuschließen. Der IS hatte am Mittwoch die Ermordung zweier Geiseln gemeldet: des Chinesen Fan Jinghui und Norwegers Ole Johan Grimsgaard-Ofstad. Nie zuvor hat der IS China angegriffen. Fan war der erste Chinese, der vom IS als Geisel genommen wurde – soweit zumindest bekannt. Peking erklärte, es werde „diese Verbrecher zur Rechenschaft ziehen“.

Schon länger steht die Großmacht unter Druck, sich mehr am Kampf gegen den IS zu beteiligen. Auch aus Eigeninteresse: Eine Anzahl Chinesen, vor allem aus der Xinjiang-Unruheprovinz, hat sich dem IS angeschlossen. Sie, befürchtet Peking, könnten auch in China Anschläge verüben. (raa)

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2015)

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