Analyse: Vertiefte Gräben im Mullah-Staat

Egal ob durch Wahlbetrug, wie von der Opposition vorgeworfen, oder durch einen echten Erdrutschsieg: Mahmoud Ahmadinejads Macht wurde auf weitere vier Jahre zementiert.

Nicht nur das: Der wiedergewählte Präsident hat erneut eindeutig den Rückhalt des geistigen Oberhaupts Ali Khamenei erhalten. Und das zählt für die Macht in der Islamischen Republik genauso viel wie das Votum von 46 Millionen Wahlberechtigten und macht die Frage, ob es bei der Wahl mit rechten Dingen zugegangen ist, fast zweitrangig.

Der Segen des Revolutionsführers verringert die Manövrierfähigkeit der Opposition, gegen das Wahlergebnis vorzugehen. Wer Ahmadinejad herausfordert, fordert Khamenei und das gesamte System heraus.

Doch das eigentliche Problem, die Polarisierung der iranischen Gesellschaft, haben die Wahlen nicht gelöst. Ahmadinejad wird als der Held der kleinen Leute gefeiert, mit einer Machtbasis am Land und in den Kleinstädten. Dagegen tanzte die grüne Reformbewegung vor allem in den Städten und hat die Unterstützung der Jugendlichen, der Frauen und der Bildungselite. Sogar laut amtlichem Ergebnis hat Oppositionsführer Moussavi die Wahlen in Teheran gewonnen.

Und selbst die Mullahs sind untereinander zerstritten. Revolutionsführer Ayatollah Khamenei hat Ahmadinejad gratuliert; Ayatollah Rafsanjani hingegen glaubt, dass der neue und alte Präsident dem Image der Islamischen Republik schadet. Der Iran war in dessen erster Amtszeit bereits zerrissen. Die Wahlen und das umstrittene Ergebnis stellen sicher, dass der Graben quer durch die iranische Gesellschaft noch tiefer geworden ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.