USA: Israelischer Spion nach 30 Jahren Gefängnis frei

Convicted Israeli spy Pollard, who was released from a federal prison in North Carolina overnight, leaves U.S. District court in the Manhattan borough of New York
Convicted Israeli spy Pollard, who was released from a federal prison in North Carolina overnight, leaves U.S. District court in the Manhattan borough of New York(c) REUTERS (MIKE SEGAR)
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Der gebürtige Texaner Jonathan Pollard hatte in den 1980ern als Mitarbeiter der US Navy geheime Informationen an Israel verkauft, etwa über Radarstörsysteme. Sein Fall hatte die Beziehungen der Alliierten USA und Israel arg belastet.

Washington/Tel Aviv. Nach 30 Jahren Haft ist am Freitag der einst für Israel tätig gewesene Spion Jonathan Pollard aus einem Gefängnis in den USA entlassen worden. Der gebürtige Texaner und Jude hatte in den 1980ern, während er als Nachrichtenoffizier für die US Navy tätig war, auf eigene Initiative Israel geheime Informationen zukommen lassen. Den Rest seiner ursprünglich lebenslangen Haftstrafe soll er nun auf Bewährung in den USA absitzen.

Dem Wunsch von Israels Regierungschef, Benjamin Netanjahu, Pollard nach Israel ausreisen zu lassen, ist US-Präsident Barack Obama zunächst nicht nachgekommen. Verurteilte, die auf Bewährung freikommen, benötigen bis fünf Jahre nach ihrer Entlassung eine Ausreiseerlaubnis. Pollard saß zuletzt in einer Anstalt in Butner (North Carolina) ein.

Mit den jüngsten Gesprächen zwischen Netanjahu und Obama in Washington hat die Freilassung Pollards nichts zu tun, und auch nicht mit dem Abkommen zum iranischen Atomprogramm: Der Termin 21. November kursierte seit Monaten in den Medien. Da der 30. Jahrestag seiner Festnahme auf einen Samstag fällt, kam Pollard einen Tag vorher frei.

So endete also ein Kapitel, das die Beziehungen zwischen Washington und Jerusalem drei Jahrzehnte lang arg belastet hatte. Immer wieder stand der Name des Spions auf der Agenda von Friedensverhandlungen. Wäre es nämlich nach Israel gegangen, hätte er im Tausch für israelische Zugeständnisse gegenüber den Palästinensern als Pfand der USA herhalten sollen. Bis zum Schluss blieben die Amerikaner allerdings hart und lehnten eine Begnadigung des seit Jahren gesundheitlich stark mitgenommenen Häftlings ab. Auf jüngsten Fotos ist er mit Stirnglatze und Kipa abgebildet. Er trägt lange Haare, Brille und Vollbart.

Botschaft verweigerte Asyl

Pollard hatte als Geheimdienstanalyst der US-Marine spätestens ab 1983 sensible Informationen weitergegeben, darunter über Techniken zur Radarstörung und anderes, mit denen sich offenbar auch Länder aufrüsteten, die Israel gefährlich werden könnten, etwa Saudiarabien, Syrien, der Irak und der Iran. Nachdem ihm das FBI auf die Schliche gekommen war, versuchte Pollard im November 1985 in Israels Botschaft in Washington zu fliehen. Seine Bitte um politisches Asyl wurde abgelehnt. Pollard behauptete, von Rafi Eitan, damals Chef des Mossad, im Stich gelassen und an das FBI ausgeliefert worden zu sein. Erst zehn Jahre nach seiner Verurteilung gewährte ihm Israel die Staatsbürgerschaft und erkannte ihn als Agenten an.

Nach Einschätzung der US-Regierung habe Pollard in Absprache mit dem Mossad und gegen Bezahlung alle zwei Wochen große Mengen Informationen weitergeleitet.

„Weiter für Israel einsetzen“

Die lebenslange Haftstrafe des Spions eines sozusagen besonders befreundeten Staates galt in den USA als sehr hartes Urteil. Hätte die Staatsanwaltschaft jetzt die Strafaussetzung abgelehnt, wäre Pollard mindestens weitere 15 Jahre im Gefängnis gesessen. Heute aber gilt er wohl kaum noch als ein Sicherheitsrisiko.

Eliot Lauer, einer seiner Anwälte, sagte, Pollard hoffe noch auf endgültige Begnadigung durch Präsident Barack Obama. In jedem Fall aber wolle er sich weiter „für Israel einsetzen“. Er habe bereits „viele bedeutende Ideen“. Was damit gemeint ist, führte er nicht weiter aus. US-Medien zufolge will Pollard nun zunächst nach Manhattan ziehen. (kna)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2015)

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