Auf den Tonaufnahmen sind Aufforderungen zum Kurswechsel zu hören. Der überlebende Pilot bestreitet: Es habe keine Warnungen gegeben.
Die Auseinandersetzung, ob das türkische Militär die Piloten des russischen Jets gewarnt hat geht indessen weiter. Am Mittwoch haben die türkischen Streitkräfte die Warnung an die Piloten veröffentlicht. Die Nachrichtenagentur DHA stellte am Mittwoch unter Berufung auf die Armee eine entsprechende Sprachaufnahme ins Netz. Es soll sich dabei um den Funkspruch an die Piloten des am Dienstag abgeschossenen Flugzeugs handeln.
Mehrmals ist darauf die Warnung zu hören: "Change your heading south immediately." (Ändern Sie ihren Kurs sofort.) Die Türkei hatte direkt nach dem Abschuss mitgeteilt, die russische Suchoi Su-24 sei mehrfach und über mehrere Minuten hinweg kontaktiert worden. Der überlebende Pilot des abgeschossenen Kampfjets, Konstantin Murachtin, widersprach der türkischen Darstellung und sagte nach Angaben der Agentur Interfax, es habe keinen Kontakt gegeben.
Pilot: "Es gab keinerlei Warnung"
"Es gab keinerlei Warnung, keinen Austausch über Funk, keinen Sichtkontakt, überhaupt keinen Kontakt", sagte Murachtin am Mittwoch in einem von mehreren Fernsehsendern gezeigten Beitrag. Darin ist der Pilot von hinten gefilmt und daher nicht zu erkennen. "Wenn sie uns hätten warnen wollen, hätten sie neben uns herfliegen können", sagte der Pilot in dem Fernsehinterview. "Das ist nicht geschehen."
Er bestritt auch den Vorwurf mit seiner Maschine in türkischen Luftraum eingedrungen zu sein. Er könne "dies vollständig ausschließen, sogar für eine Sekunde". Er habe die Grenze am Boden klar vom Flugzeug aus erkennen können. Nach russischer Darstellung wurde die Maschine am Dienstag über syrischem Gebiet abgeschossen. Berichten zufolge soll sie aber mehrere Sekunden lang im türkischen Luftraum gewesen sein. Er und der zweite Pilot konnten sich zwar über den Schleudersitz retten. Doch der zweite Pilot wurde nach russischen Militärangaben am Boden beschossen und getötet. Nur Murachtin konnte gerettet werden.
Türkei wusste nicht dass Flugzeug russisch war
Das türkische Militär wusste nach eigenen Angaben nicht, dass das an der syrischen Grenze abgeschossene Kampfflugzeug russisch war. "Die Nationalität des Flugzeugs war nicht bekannt und die Einsatzregeln wurden auf automatische Weise angewendet", erklärten die türkischen Streitkräfte am Mittwoch.
Sie versicherten zudem, sich nach dem Abschuss am Dienstag bemüht zu haben, die Piloten zu finden und zu retten. Demnach kontaktierten sie auch das russische Militär, um ihre Bereitschaft zu "jeder Form der Kooperation" kundzutun. Bereits zuvor hatte sich die türkische Regierung um Deeskalation bemüht. Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärte, die Türkei habe "nicht die Absicht, diesen Zwischenfall hochzuspielen."
Russland fliegt seit September zur Unterstützung des syrischen Machthabers Bashar al-Assad Luftangriffe in Syrien, wobei es neben der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) auch andere Rebellengruppen angreift, darunter auch Verbündete der Türkei. An der Grenze kam es bereits wiederholt zu Zwischenfällen zwischen russischen und türkischen Kampfflugzeugen. Nach dem Abschuss des Flugzeugs mahnten die westlichen Staaten beide Seiten zur Zurückhaltung.
Schlechte Beziehungen zur Türkei sind Luxus
Zur Beilegung der türkisch-russischen Krise bemüht sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan laut einem Bericht nun um direkten Kontakt zu seinem russischen Kollegen Wladimir Putin. Angedacht sei ein Telefonat der beiden am Rande des UN-Klimagipfels in Paris am 30. November, berichtete die regierungsnahe Zeitung "Yeni Safak" am Donnerstag.
Erdogan betonte schon am Mittwoch, Ankara wolle keine weitere Eskalation, sondern stehe auf der Seite des "Friedens, des Dialogs und der Diplomatie". Auch der türkische EU-Minister Volkan Bozkir bekräftigte, Russland werde sich den Luxus schlechter Beziehungen zur Türkei nicht leisten können.
(APA/dpa)