Tabubruch: Frankreich erwägt Einbeziehung von Assad-Truppen

APA/EPA/SANA HANDOUT
  • Drucken

Außenminister Fabius drängt nach dem Paris-Terror auf Bodentruppen gegen den IS. Einen Teil der Soldaten könnten Syriens Streitkräfte stellen, sagt er.

Frankreich bricht im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) mit seinen eigenen Tabus. Zwei Wochen nach den Anschlägen von Paris deutete Außenminister Laurent Fabius am Freitag die Möglichkeit an, auch die Truppen von Syriens Machthaber Bashar al-Assad an einem Anti-IS-Bündnis zu beteiligen. Dies war bisher kategorisch abgelehnt worden. Gegner des syrischen Regimes regierten empört.

Fabius erklärte nun, im Kampf gegen den IS seien auf der einen Seite Bombenangriffe nötig, auf der anderen Seite aber auch Bodentruppen. Letztere müssten Kräfte der oppositionellen Freien Syrischen Armee, sunnitisch arabische Kräften "und warum nicht auch Kräfte des Regimes" sein. Die Bodentruppen könnten nicht von Frankreich kommen, machte Fabius klar.

Bei Gegnern des syrischen Regimes stießen diese Überlegungen auf scharfe Ablehnung. "Dieser Schritt wird nur den Interessen des größten Terroristen Bashar Al-Assad dienen", sagte Ahmed Ramadan, Führungsmitglied des in Istanbul ansässigen Oppositionsbündnisses Nationale Syrische Koalition. Der syrische Präsident stehe an der Spitze des Terrorismus. "Wir wissen alle, dass es immer ein gemeinsames Interesse zwischen Daesh (arabisch und abwertend für IS) und dem Regime gab", erklärte Ramadan.

Zwar relativierte Fabius seine Äußerungen in einer Erklärung gegenüber der französischen Nachrichtenagentur AFP noch am Freitagvormittag und erklärte, eine Kooperation mit Assad sei nur "im Rahmen eines politischen Überganges" denkbar. Für die französische Politik stellen Fabius' Aussagen dennoch einen radikalen Kurswechsel dar. Die Regierung hatte bis vor kurzem eine Zusammenarbeit mit dem syrischen Regime für nicht sinnvoll gehalten. Assad gilt für Paris als der Hauptverantwortliche für den blutigen Bürgerkrieg in seinem Land. Dieser hat Schätzungen zufolge seit 2011 mehr als 250.000 Menschen das Leben gekostet.

Putin und Hollande sprechen sich ab

Nach den Terroranschlägen in Paris versucht Frankreichs Präsident Francois Hollande allerdings eine größtmögliche Koalition gegen den IS zu schmieden. Die Terrormiliz wird für die Anschläge von Paris verantwortlich gemacht. Am Donnerstagabend traf sich Hollande mit Kremlchef Wladimir Putin. Dieser sicherte zu, in Zukunft die gemäßigte syrische Opposition zu schonen. Man habe vereinbart, Angriffe auf bewaffnete Gruppen zu vermeiden, die ihrerseits gegen den Terror kämpfen, sagte Putin.

Fabius erklärte, Putin habe Hollande um Kartenmaterial zu Stellungen von gemäßigten Rebellen gebeten. "Er hat sich verpflichtet, sie nicht mehr zu bombardieren, wenn wir das geliefert haben", fügte der französische Außenminister hinzu. Bisher stuft Russland alle Gegner des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad als Terroristen ein.

Auch der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu rief zu einem geschlossenen Kampf gegen den IS auf. "Wir dürfen nicht von der Sache abgelenkt werden, die uns eint", sagte Davutoglu in einem Interview der "Times" (Donnerstag) mit Blick auf den Abschuss des russischen Kampfjets an der türkisch-syrischen Grenze. Die internationale Gemeinschaft müsse sich nun auf den Kampf gegen IS konzentrieren. Gleichzeitig müsse die Zukunft Syriens gewährleistet und eine Lösung für die Flüchtlingskrise gefunden werden.

Ein Zusammenschluss zu einer gemeinsamen "großen Koalition" gegen den IS scheint jedoch noch nicht unmittelbar bevorzustehen. "Leider sind unsere Partner aktuell noch nicht bereit, im Rahmen einer Koalition der Einheit zusammenzuarbeiten", erklärte Kremlsprecher Dmitri Peskov am Freitagvormittag.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Die Stadt im Westen Syriens ist von Hilfe von außen abgeschnitten.
Außenpolitik

Syrien: Eine Stadt im Kampf gegen den Hungertod

Seit Oktober sind keine Hilfslieferungen mehr in der umkämpften Stadt Madaya angekommen. Die Bewohner müssen Gras, Blätter und Blumen essen, um zu überleben.
Russische Sukhoi Su-24 kehren von ihrem Einsatz zurück.
Außenpolitik

Amnesty International: Russland tötet in Syrien Hunderte Zivilisten

Die Einsätze der russischen Luftwaffe in Syrien würden zu schweren Schäden in Wohngebieten führen. Die Angriffe kämen Kriegsverbrechen gleich.
Eine Flagge des IS im Irak.
Außenpolitik

IS büßt rund 14 Prozent seines Territoriums ein

Die Terrormiliz hat mehr Land verloren als erobert, heißt es in einer Untersuchung. Die Einbußen hätten auch Auswirkung auf die Finanzen der Extremisten.
Syrische Soldaten in Homs.
Außenpolitik

Die Folterfabriken des Bashar al-Assad

Human Rights Watch hat einen neuen Bericht über die Gräuel des Assad-Sicherheitsapparats vorgestellt. Die Menschenrechtler sprachen mit Angehörigen und einstigen Zellengenossen der Opfer.
File picture shows a man working at a makeshift oil refinery site in al-Mansoura village in Raqqa
Außenpolitik

Die Finanzwaffen im Kampf gegen IS

Finanzminister beschließen Maßnahmen gegen Terrorfinanzierung.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.