Slowakei klagt gegen EU-Flüchtlingsverteilung

Premier Fico stemmt sich gegen die Flüchtlingsquote.
Premier Fico stemmt sich gegen die Flüchtlingsquote.AFP
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Ein "absolutes Fiasko europäischer Politik": Die Slowakei klagt vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Verteilung von 120.000 Flüchtlingen.

Die Slowakei hat wie angekündigt Klage gegen die EU-Quotenregelung zur Umverteilung von Flüchtlingen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg eingereicht. Das bestätigte der sozialdemokratische Premier Robert Fico am Mittwoch vor Journalisten in Bratislava. Schon zuvor hatte Ungarns Premier Viktor Orban aufhorchen lassen: Er berichtete von geheimen Plänen der EU, bis zu eine halbe Million aus der Türkei umsiedeln zu wollen - ein "Blödsinn", wie Kommissions-Vize Frans Timmermanns später sagte.

"Die Pflichtquoten wurden in Widerspruch zu europäischem Recht angenommen. Zudem halten wir sie für unsinnig und technisch nicht realisierbar," meinte Fico. Immer mehr zeige sich die Quoten als Fehlentscheidung, bisher seien nur einige hundert Menschen umverteilt worden. "Es ist ein absolutes Fiasko europäischer Politik," betonte Fico. "Es muss ein anderer Weg gefunden werden zur Lösung der Flüchtlingswelle in Europa."

Die Pläne sehen vor, einmalig 120.000 Asylbewerber auf die Mitgliedstaaten zu verteilen. Die Slowakei, Ungarn, Tschechien und Rumänien haben sich gegen die Regelung ausgesprochen, wurden jedoch im September überstimmt. Auf die Slowakei würde eine Quote von 802 Asylbewerber entfallen. Bis jetzt wurden in der Slowakei heuer allerdings nur 154 Asylanträge gestellt.

Gericht soll Entscheidung ungültig erklären

Sein Land klage konkret gegen die Entscheidung des EU-Innenministerrates vom 22. September dieses Jahres, mit dem die Flüchtlingsquoten mit Mehrheitsentscheidung gegen den Willen einiger osteuropäischer Länder beschlossen wurden. "Wir fordern, dass das Gericht diese Entscheidung für ungültig erklärt," betonte der slowakische Premier.

Die Quoten-Entscheidung des Ministerrates stehe in klarem Widerspruch zum Beschluss des vorhergegangenen EU-Gipfels, der eindeutig erklärte, es werde keine Pflicht-Quoten geben, begründete Fico die Klage weiter. Eine Schwächung der Position der Slowakei in der EU befürchtet Fico durch den Schritt nicht. Als Regierung eines souveränen Landes habe man "volles Recht" eine derartige Klage einzureichen. "Wir machen nichts, was in Widerspruch zur europäischen Legislative stehen würde, wir nutzen nur unser Recht," erklärte der Premier.

Mazedonien: Proteste von Flüchtlingen

An der griechisch-mazedonischen Grenze kam es unterdessen erneut zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen und der Polizei. Dort sind 1.500 Pakistani, Marokkaner und Iraner im Niemandsland gestrandet und wollen nach Europa. Mazedonien lässt wie auch Slowenien jedoch nur noch Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien, Irak und Afghanistan passieren. Die Polizei setzte gegen die aufgebrachten Menschen Tränengas ein.

Aufgrund der Vorgehensweise Mazedoniens sowie der schlechten Wetterlage in der Ägäis sank auch die Zahl der in Österreich und Deutschland ankommenden Flüchtlinge. Von einer Trendwende wollten deutsche Politiker aber nicht sprechen. "Es gibt keinen Grund zur Entwarnung", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann der Zeitung "Die Welt" (Donnerstag). "Es kommen viel zu viele Flüchtlinge nach Deutschland."

Dass der Zuwanderungsdruck auf absehbare Zeit wohl bleibt, zeigen auch griechische Angaben zur Zahl der Flüchtlinge, die von der Türkei aus über das Meer nach Griechenland reisen. Man warte gespannt auf einen Rückgang der Zahlen, doch bisher sei der Andrang in etwa gleich geblieben, sagte ein Offizier der griechischen Küstenwache. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) waren am vergangen Sonntag mehr als 3500 Flüchtlinge auf griechischen Inseln angekommen. Zuvor hatte die Organisation einen wetterbedingten Rückgang der Zahlen verkündet. Insgesamt haben dieses Jahr laut UNO bereits knapp 890.000 Flüchtlinge und Migranten die Küsten der Europäischen Union erreicht - vier Mal so viel wie im gesamten vergangenen Jahr.

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(Reuters)

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