Grünes Licht für Einsatz in Syrien

German Chancellor Merkel and Defence Minister von der Leyen walk during a session of the Bundestag, the German lower house of parliament, in Berlin
German Chancellor Merkel and Defence Minister von der Leyen walk during a session of the Bundestag, the German lower house of parliament, in Berlin(c) REUTERS (HANNIBAL HANSCHKE)
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Der Bundestag stimmte am Freitag mit großer Mehrheit der Entsendung von bis zu 1200 Soldaten im Kampf gegen die Terrororganisation IS zu.

Berlin. Die deutsche Bundeswehr wird schon bald in ihren nächsten Einsatz ziehen. Am gestrigen Freitag stimmten die Abgeordneten des Bundestages der Entsendung von bis zu 1200 Soldaten in Richtung Syrien zu. Es gilt, im Rahmen einer von den USA angeführten Allianz, die Terrororganisation IS zu bekämpfen.

Ob das deutsche Militär tatsächlich in Gefechte hineingezogen wird, bleibt abzuwarten. In erster Linie geht es bei dem Einsatz nämlich um die Unterstützung durch spezielle Aufklärungs- und Tankflugzeuge. Eine Fregatte zum Schutz des Flugzeugträgers Charles de Gaulle wird schon in den nächsten Tagen zu den Franzosen stoßen. Das Mandat der Deutschen gilt bis zum Ende des kommenden Jahres. Für eine allfällige Verlängerung des Einsatzes muss das Parlament erneut angerufen werden. Der Kampf gegen den IS wird nach Einschätzung von Experten wohl Jahre dauern.

Am Freitag votierten 445 Abgeordnete für den Einsatz der Bundeswehr, 145 stimmten dagegen. Sieben Parlamentarier enthielten sich, 33 gaben ihre Stimme gar nicht erst ab. Trotz des eindeutigen Ergebnisses verlief die Debatte im Vorfeld emotional.

Zu Beginn der Plenarsitzung stritt man erst einmal über das Ansetzen des Tagesordnungspunktes. Die Opposition bemängelte, dass der Militäreinsatz im Eiltempo und ohne ausreichende Beratungen durch das Parlament gebracht werde. Petra Sitte, die erste parlamentarische Geschäftsführerin der Linken, tat kund, sie hätte sich noch weitere Diskussionen des Plenums gewünscht. Vor Weihnachten steht nur noch eine reguläre Sitzungswoche an. Zudem kritisierte sie, Details über den Einsatz erst aus den Medien erfahren zu haben. „Die Journalisten hatten die Infos, bevor wir es wussten.“ Sitte stimmte gegen den Einsatz und gab den anderen Folgendes mit: „Wer aus Solidarität das Falsche tut, tut dennoch das Falsche.“

Unionspolitiker Michael Grosse-Brömer wies die Vorwürfe seiner Vorrednerin naturgemäß zurück. Selbst, wenn das Parlament erst bei seiner letzten Sitzung in diesem Jahr abgestimmt hätte, „soll sich derjenige von den Linken melden, der seine Meinung zum Einsatz“ ändern wird.

Saudiarabien als umstrittener Partner

Nach den Anschlägen von Paris Mitte November hatte Frankreich seine Luftangriffe gegen den IS verstärkt und Deutschland um Unterstützung im Kampf gegen das Terrornetzwerk gebeten. Relativ bald zeichnete sich ab, dass es in Berlin nicht nur bei Solidaritätsbekundungen bleiben wird.

Das Operationsgebiet der Bundeswehr erstreckt sich auf Syrien und den Irak, wie das Mittelmeer, das Rote Meer, den Persischen Golf und „angrenzende Seegebiete“. Kritiker vermissen eine Gesamtstrategie. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende, Anton Hofreiter, monierte, er könne für den Einsatz nur Verantwortung tragen, „wenn es einen guten Plan gibt“, doch den Plan gebe es nicht. „Das ist doch kein verantwortungsvolles Handeln“, rief er ins Plenum. Er warnte, der Einsatz könne zu „einer Rekrutierungsmission für den IS“ werden. CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen wies indes darauf hin, die europäische Verantwortung für die Krisenregion im Mittleren Osten anzuerkennen. Dies sei im Interesse der eigenen Sicherheit.

Auch die Rolle Saudiarabiens kam zur Sprache. SPD-Abgeordneter Rolf Mützenich forderte eine offene Debatte über den für Deutschland wichtigen Partner ein. Dies gehöre zu einer ehrlichen Auseinandersetzung dazu. Erst am Mittwoch dieser Woche hatte der Bundesnachrichtendienst (BND) vor einer „impulsiven Interventionspolitik“ und einer destabilisierenden Rolle Saudiarabiens im arabischen Raum gewarnt. Die Regierung sah sich um Distanzierung bemüht.

Die Mehrheit der Bevölkerung spricht sich in einer ARD-Umfrage übrigens für einen deutschen Beitrag im Kampf gegen den IS aus.

AUF EINEN BLICK

Der deutsche Bundestag hat sich am gestrigen Freitag mit überwiegender Mehrheit für den Einsatz der Bundeswehr in Syrien ausgesprochen. 445 Abgeordnete votierten mit Ja, 145 stimmten dagegen. Es gab sieben Enthaltungen. Das Mandat sieht die Entsendung von bis zu 1200 Soldaten im Kampf gegen die Terrororganisation IS vor. Deutschland wird seinen militärischen Beistand in erster Linie mittels Aufklärungs- und Tankflugzeugen leisten. Eine Fregatte wird ebenfalls entsandt. Der Einsatz ist bis Ende 2016 vorgesehen. Einer Verlängerung muss das Parlament zustimmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2015)

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